Wien
Zwischen Arthouse und Blockbuster – „Kino wie noch nie“ 2023

Zwischen Arthouse und Blockbuster – „Kino wie noch nie“ 2023

Das Filmarchiv Austria und das Metro Kinokulturhaus laden zu einer spannenden und abwechslungsreichen Open-Air-Kinoreihe in den Augarten.
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von (MaverickHollywood8735)
Es ist wieder Sommer, das heißt nicht nur Grillabende im Garten oder Flanieren am Donaukanal, sondern auch wieder: Kino unter freiem Himmel. Im luftigen Ambiente entfalten große Filme oftmals eine ganz eigene Wirkung. Seit vielen Jahren erfreut sich der Kinosommer des Filmarchiv Austria unter dem Namen „Kino wie noch nie“ großer Beliebtheit und zeigt in den heißen Sommermonaten eine illustre und breit gefächerte Auswahl an Filmperlen, seien es Klassiker vergangener Dekaden, Kultfilme, die die Jahre überdauern, große Blockbuster oder aber aktuelle cineastische Meisterwerke. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Ich gebe Euch hier einen kleinen Überblick über das bereits seit 22. Juni laufende Programm und stelle Euch meine persönlichen Filmempfehlungen vor – bei der schieren Anzahl an Hochkarätern eine nahezu unmögliche Mission (kein Wortspiel beabsichtigt!)

Leider bereits gezeigt wurde das vielfach preisgekrönte und auch von mir sehr hoch geschätzte Vater-Tochter-Drama „Aftersun“, das eindrucksvolle Debüt der jungen Filmemacherin Charlotte Wells mit einem grandiosen, oscarnominierten Paul Mescal. Auch Quentin Tarantinos furioser Regieeinstand „Reservoir Dogs“, das zeitlos packende Justizdrama „Wer die Nachtigall stört“(To Kill A Mockingbird) sowie Mia Hansen-Løves einfühlsames Familiendrama „An einem schönen Morgen“ haben ihren Einsatz bereits hinter sich, aber keine Sorge, das ist erst der Anfang eines langen, abwechslungsreichen Kinosommers. Das Publikum hat an jedem Abend die Wahl, sich den Film entweder im Open-Air-Kino im Augarten oder tags darauf – ganz klassisch – im Metro Kinokulturhaus in der Wiener Innenstadt anzuschauen. Hinweis: bei den Terminen beziehe ich mich immer auf das Open-Air Screening, die Vorführung im Metro findet dann am Folgetag statt. Beachtet bitte auch die Witterungsbedingungen am jeweiligen Vorführtag.

Im Juli gibt es ein Wiedersehen mit den bereits vor 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Riesenreptilien, die in Steven Spielbergs Blockbuster-Meilenstein „Jurassic Park“ jedoch wieder zum Leben erweckt und im titelgebenden Vergnügungspark zur Schau gestellt werden sollen – wozu es bekanntlich nicht kommen wird. Auch 30 Jahre später ist der Film immer noch eine Augenweide, spannend und mit John Williams legendärer Musik einfach nur episch. Am nächsten Tag geht es in elegischerer Tonart weiter, wenn sich Salma Hayek in „Frida“ in die berühmte mexikanische Malerin Frida Kahlo verwandelt. An ihrer Seite: Alfred Molina, Geoffrey Rush und Edward Norton.

Fans von Terrence Malick kommen dann am Montagabend, 3. Juli, auf ihre Kosten, wenn der für seine sperrigen, philosophisch eloquenten und bildgewaltigen Kunstwerke bekannte Auteur in seinem zweiten Film, „In der Glut des Südens“ (1978), Richard Gere vor malerischer Kulisse in eine amouröse Dreieckskonstellation geraten lässt. Mit Oscar-nominierter Musik von Maestro Ennio Morricone.

In der Glut des Südens Bild aus dem Film „In der Glut des Südens“ (Paramount Pictures)

Einen Klassiker der späten 1950er, die mit der Goldenen Palme ausgezeichnete zeitgenössische Adaption der Legende von Orpheus und Eurydike, transportiert in den Karneval von Rio, könnt ihr am Mittwoch, 5. Juli erleben, wenn Marcel Camus‘ „Orfeu Negro“ gezeigt wird – ein Fest für die Sinne.

90er-Nostalgiker und Popkultur-Nerds gleichermaßen sollten sich Donnerstag, den 6. Juli vormerken, denn dann läuft Amy Heckerlings Kultkomödie „Clueless“ mit Alicia Silverstone, Brittany Murphy und dem nie alternden Paul Rudd. Und wenn wir schon bei ikonischen Teenagerfilmen der 90er-Jahre angelangt sind, so nehmt euch doch auch gleich Freitagabend, den 14. Juli frei, denn dann intrigieren sich Sarah Michelle Gellar, Ryan Phillippe, Reese Witherspoon und Selma Blair als „Eiskalte Engel“, verwöhnte Upper-Class-Jünglinge, durch Roger Kumbles moderne Neuinterpretation von„Gefährliche Liebschaften“.

Wer einen der besten und witzigsten Filme des vergangenen Jahres verpasst hat und wissen möchte, warum Brendan Gleeson seinem besten Freund Colin Farrell plötzlich die kalte Schulter zeigt, sollte Samstag, dem 15. Juli vorbeischauen, denn dann flimmert Martin McDonaghs „The Banshees of Inisherin“ über die Freiluft-Leinwand.

The Banshees of Inisherin Bild aus dem Film „The Banshees of Inisherin“ (The Walt Disney Company)


Fans österreichischer Filmkunst haben dann die nächsten beiden Tage (So, 16. und Mo, 17. Juli) Gelegenheit, sich mit zwei bedeutenden Schriftstellern zu befassen: zuerst erzählt Maria Schrader in „Vor der Morgenröte“ (2016) von Stefan Zweigs Jahren im Exil in Amerika, gespielt von Josef Hader. Tags darauf lässt dann Michael Haneke die furchtlose Isabelle Huppert von der Leine, wenn die titelgebende „Die Klavierspielerin“ (2001) eine Affäre mit ihrem Studenten Benoît Magimel beginnt. Ausgezeichnet mit dem Großen Preis der Jury der Filmfestspiele in Cannes.

Großes Hollywood-Kino verteilt auf mehrere Tage Ende Juli verspricht die Programmschiene mit Filmen bekannter Starregisseure. Brian De Palma sendet in „The Untouchables - Die Unbestechlichen“ (1987) (Di, 18. Juli) eine Gruppe stylischer Cops angeführt von Kevin Costner auf die Mission, den ruchlosen und unberechenbaren Al Capone (Robert De Niro) zur Rechenschaft zu ziehen – Oscar für Sean Connery. Sofia, Tochter des legendären Francis Ford Coppola, tritt aus dem übermächtigen Schatten ihres Vaters und ihrer kurzlebigen Schauspielkarriere und feiert ihr Regiedebüt mit „The Virgin Suicides“ (1999) (Mi, 19. Juli), eine Familientragödie, in der Kirsten Dunst und ihre Schwestern gegen das Patriarchat aufbegehren. Das berühmteste Regieduo der Filmgeschichte, die Coen-Brüder, feiern dieses Jahr das 25. Jubiläum ihrer Kultkomödie „The Big Lebowski“ (1998) (Sa, 22. Juli) – und wir feiern mit. Packt eure Bademäntel aus und holt euch einen White Russian. „The Dude abides!“

The Big Lebowski Bild aus dem Film „The Big Lebowski“ (Universal Pictures)

Und Spike Lee lässt, passend zur Jahreszeit, in seinem intensiven und zeitlos wichtigen Klassiker „Do the Right Thing“ (1989) (Di, 25. Juli) die Emotionen rund um ein italo-amerikanisches Pizzarestaurant inmitten einer afroamerikanischen Nachbarschaft am heißesten Tag des Jahres buchstäblich überkochen.

Wer es etwas glamouröser und auch etwas trashiger mag: auch für diese Nische ist gesorgt. Paul Verhoevens mittlerweile zum Kultfilm avancierte Dekonstruktion der amerikanischen Prüderie in der Glitzermetropole Las Vegas, „Showgirls“ (1995) (Fr, 4. August), polarisiert Kritiker und Publikum nach wie vor. So schlecht, dass es wieder gut ist? Einfach nur schlecht? Who cares! Jedenfalls kein Film für die ganze Familie! Wer stattdessen eine gediegenere, aber gleichermaßen bissige Persiflage auf die Reichen und Schönen serviert bekommen möchte, kommt lieber am kommenden Tag vorbei, wenn Ruben Östlund eine Kreuzfahrt gänzlich aus dem Ruder laufen lässt. „Triangle of Sadness“, Gewinner der Goldenen Palme in Cannes 2022, dreifach Oscar-nominiert.

Um auch das heimische Kino nicht aus den Augen zu verlieren, noch eine kleine Reihe österreichischer Filme, die gezeigt werden. Michael Glawoggers „Contact High“ (2009) (Mo, 31. Juli), „Vera“ (2022) (Di, 1. August), Adrian Goigingers „Der Fuchs“ (2022) (SO, 6. August), Barbara Alberts „Nordrand“ (1999) (Mo, 7. August), sowie Nikolaus Geyrhalters Dokumentation „Matter Out of Place“ (2022) (Di, 8. August). Dem erst kürzlich verstorbenen Peter Simonischek wird das Screening von Maren Ades „Toni Erdmann“ am 11. August gewidmet.

Toni Erdmann Bild aus dem Film „Toni Erdmann“ (Filmladen)


Zum Finale noch ein paar Highlights: Wes Cravens Slasherkult „Scream - Schrei!“ (1996) (Do, 10. August), Cate Blanchett als überlebensgroße Dirigentin „Tár“ (2022) (SA, 12. August), Barbra Streisands „Yentl“ (1983) (So, 13. August), das #metoo-Exposé „She Said“ (2022) (Di, 15. August), das berauschende Musical „Evita“ (1996) (Mi, 16. August, Madonnas 65. Geburtstag), Sergio Leones unvergleichlicher Italo-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) (Do, 17. August), und, um in die Gegenwart zurückzukehren, Wes Andersons aktueller Film „Asteroid City“ am 19. August.

Asteroid City Bild aus dem Film „Asteroid City“ (Universal Pictures International)

Man sieht: ein großes, abwechslungsreiches, breit gefächertes Programm, das die Vielfalt und das internationale Renommee des Kinos abbildet.