Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Merkwürdig

Kobergs Klarsicht: Merkwürdig

Filmstudios wecken in letzter Zeit gerne Erinnerungen, die man doch auch unter dem Teppich hätte lassen können.
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von (DerKoberg)
Ich habe Bridget Jones schon im ersten Anlauf nicht gemocht. Aber sie darf mir heute als Ausnahme dienen, die die Regel bestätigen könnte. Vielleicht sind die frustrierten Singles von vor 15 Jahren heute frustrierte Singles und freuen sich in „Bridget Jones's Baby“ auf ein Wiedersehen mit ihrem Role Model. Wie Harry Potter ist Bridget Jones mit ihrem Publikum älter geworden und so ist auch ihre lange Leinwand-Absenz keine große Sache. Fans will be fans.

Ein bisschen überraschender ist da schon die späte Rückkehr von Nemo und Dorie. Die Teenies von damals sind heute in ihren 20ern. Ihre Kinder sind entweder noch nicht geboren oder zu jung für’s Kino, möchte man meinen. Und doch kommt „Findet Dorie“ an den Kassen bestens an. Sowohl im Kino, als auch im Supermarkt, der die passenden Kühlschrankmagneten zum Film verschenkt. Wer ist hier das Publikum? Und hat dieses Publikum den ersten Teil schon im Kino gesehen?

Die „Trolls“ mit den aufgestellten Neonhaaren sind ein Symbol der 90er und waren damals schon irgendwie grauslich. Und trotzdem hat sich DreamWorks ihrer angenommen und sie auf die Leinwand gebracht. 2017 kommen die „Power Rangers“ ins Kino, „Captain Planet“ ist für 2019 angekündigt und davor soll auch noch He-Man (Masters of the Universe)im Realfilm zurückkehren. Es scheint, als wären wir Kinder der 80er angetreten, um das gute alte „Früher war alles besser!“ ein für alle Mal zu widerlegen. Da wird der ganze Schwachsinn ausgegraben, der von den späten 80ern bis in die frühen Nullerjahre die jugendliche Popkultur geprägt hat und statt ihn dankbar unter einem Teppich des verschämten Vergessens verschwinden zu lassen, werden die alten Ideen selbstbewusst zurück in die Massenkultur geschleudert. Aber noch einmal: Wer ist das Publikum? Ist die nostalgische Verklärung tatsächlich stark genug, um unseren Kindern die fleischgewordene Macho-Fantasie He-Man vorzusetzen? Oder gehen die Buben von damals gemeinsam ins Kino, um sich von den regenbogenfarbenen Power Rangers an die heile Welt erinnern zu lassen, in der sie nach dem Fernsehen mit einem Kakao in der Hand ins Bett geschickt wurden?

Eine mögliche Erklärung wäre natürlich auch, dass es gar nicht die Erinnerung an damals ist, die Menschen in die Kinos bringt, sondern dass die alten Konzepte schlicht so gut sind, dass sie auch heute funktionieren. Das wäre aber wohl das erschreckendste Szenario und ein Indiz für den schleichenden Rückschritt in allerlei gesellschaftlichen Entwicklungen, die ich ganz unbedacht als positiv umschrieben hätte. Gewaltkritik, Genderfragen und so.
Auf jeden Fall wird es spannend, was da noch alles hervorgekramt werden wird und was in wohlverdienter Vergessenheit bleiben darf. Es scheint, als wären es vorrangig die Kritikerinnen und Kritiker, die sich nach neuen Ideen sehnen.
Der Autor
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DerKoberg


Forum

  • Argumentation funktioniert nicht

    Ein guter Film ist zeitlos. Wenn Sie das Argument bringen, die Nemo Generation ist doch schon erwachsen, müsste man genauso argumentieren, dass niemand mehr "König der Löwen" oder "Star Wars" schauen würde, weil das Zielpublikum zu alt. ist. Auch die Kinder der heutigen Generation schauen diese Filme bzw. finden Gefallen an aktuellen Kinderfilmen, ich verstehe nicht ganz warum man dafür "Findet Nemo" anno 2004 im Kino gesehen haben muss. Ich weiß auch dass das ganze was Sie hier schreiben eine subjektive Meinung ist, finde es aber auch nicht ok Vorlagen wie "Power Rangers" etc als Schwachsinn abzutun. Vielleicht haben Sie einen super exquisiten "Nur Arthouse und Indie" Geschmack, aber es gibt gute massentaugliche Ware, aus der die Menschen in ihrer Kindheit viel mitgenommen haben und die sinnvolle Botschaften liefern kann. Power Rangers läuft zudem in mehreren Inkarnationen bereits seit 1993 im Fernsehen. Daher ist es wohl kaum ein Relikt. Es muss nicht immer Shakespeare sein. Und alles was, was Geld einspielt, wird von Hollywood umgesetzt. Das bedarf kein Genie um zu sehen, dass Filme wie Doris und Power Rangers auch finanzielles Kalkül sind.
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    27.10.2016, 11:37 Uhr
    • Wie man's nimmt...

      Gute Filme sind tatsächlich zeitlos oder zumindest lange Zeit schön anzusehen. Und ich behaupte ja nicht, dass "Findet Dorie" kein gute Film wäre. Ich wundere mich nur darüber, dass der 2. Teil so spät erst kommt und ob der erste dem Publikum noch im Gedächtnis ist.
      Die Power Rangers finde ich tatsächlich ein bisschen schwachsinnig und He-Man ist in meinen Augen der Innbegriff der 80er-Jahre-Macho-Fantasie und vielleicht wirklich nicht der beste Stoff für eine Neuverfilmung.
      Wenn Sie andere meiner Kolumnen lesen, werde Sie bemerken, dass ich ganz und gar nicht nur Arthouse und Indie gut finde. Ganz im Gegenteil. Aber wie Sie selbst schreiben: Es gibt jede Menge gute massentaugliche Ware. Also wundert es mich, dass momentan so viele schlechte Serien der 80er und 90er vor einer Wiederbelebung stehen.
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      27.10.2016, 13:24 Uhr
  • Pixar macht Filme für jedermann

    In Ihrem Artikel haben sie die Frage aufgeworfen, warum denn "Findet Dorie" so viel an den Kinokassen einspielt, obwohl doch die vermeintliche Zielgruppe bereits erwachsen ist. Die Antwort ist simpel: Pixar spricht mit ihren Filmen nicht nur ein junges Publikum an, sondern ist bei vielen Erwachsenen mindestens gleich beliebt. Deren Filme sprechen meist eine Vielfalt an komplexen Themen an, die kleinere Kinder in den meisten Fällen nie und nimmer verstehen werden. Animation ist eine der vielschichtigsten Formen des Kinos und vor allem Pixars fantastische Werke sollten auf keinen Fall alleinig auf ein junges Publikum reduziert werden. Hat zwar wenig mit dem Artikel zu tun, aber ich bin es mittlerweile einfach leid immer noch von zu vielen Personen Animationsfilme als "Kinderfilme" deklariert zu bekommen.
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    27.10.2016, 00:43 Uhr
  • Ein Blick unter den Teppich...

    Etwas Ähnliches hatten wir ja schon öfters im Sektor Horror - Remakes. Kommen teilweise sehr gut an. Das gleiche gilt für die älteren Ideen. Auf "Findet Dorie" freue ich mich schon. Da ist mir der erste Film noch sehr gut in Erinnerung geblieben. "Trolls" ist an mir vorbei gegangen, finde ich irgendwie lustig, dass damit versucht wird Geld zu machen. Wenn sie es schaffen, hat sich die Formel bewährt. Die "Power Rangers" mochte ich noch nie besonders. Es wird Zeit für ein paar neue Marken, die ausgebeutet werden können. Vielleicht gibt es aber auch einen Grund, warum sich Coca Cola so lange gehalten hat.
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    26.10.2016, 18:10 Uhr