Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Ödes von Horwath

Kobergs Klarsicht: Ödes von Horwath

Launiges zur ORF-Version der Oscarnacht
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von (DerKoberg)
Immer dann, wenn ich mir die Oscar-Nacht per ORF EINS verabreiche, sehne ich mich fast ein bisschen nach dem Jungen mit dem wallenden Haar, der gemeinsam mit seinem beatboxenden Bruder in der nervtötenden Werbung für Kelly’s Microwaves rappt. Nicht, weil ich mit dieser Werbung irgendetwas Positives verbinde. Auch nicht, weil ich je auf die Idee gekommen wäre, diese Microwaves tatsächlich zu konsumieren. Sondern schlicht und ergreifend deshalb, weil ich mir nicht mehr sicher bin, was meine Nerven mehr strapaziert: Diese Werbung oder die Oscar-Gala-Pausengespräche mit Alexander Horwath, dem Direktor des Österreichischen Filmmuseums.

Dazu ist einzuwerfen, dass ich hier nicht in das allgemeine Gewimmer über den grauslichen ORF und den gemarterten öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag einstimmen will. Ich mag den ORF. Aber gerade hier, gerade in der Oscar-Nacht wäre etwas weniger bemühtes Niveau ein Gewinn.

Während überall sonst nach Klatsch- und Glamour-Manier mit der alljährlichen Statuettenübergabe umgegangen wird, versucht man im ORF eine Kultursendung zu gestalten. Da wird dann über den Rückgang an Kinobesuchen diskutiert: Trifft die Filmindustrie die Bedürfnisse des Publikums nicht? Oder verdrängen die immer stärker werdenden Serien die Filme von Markt? Die immer besser ausgestatteten Wohnzimmer-Kinos werden ebenso wenig verdächtigt wie kino.to. Der Fehler muss in der Kunst zu finden sein.

Und immer dann, wenn nach zwei Verleihungen eine kurze Werbepause entsteht, werden die Entscheidungen der Academy von Hannelore Veit und Alexander Horwath analysiert. Horwath hat offenbar die meisten Filme gesehen, Veit war im Zuge ihrer Recherchen noch schnell drei Mal im Kino. Aber diskutiert wird ohnehin nur über jene Filme, die auch in Österreich schon laufen. Informationsgewinn für das filminteressierte Fernsehpublikum: Null

Dafür wird über den „Shooting Star“ James Franco gesprochen. Ich habe zu dem Mann recherchiert: Bislang war er tatsächlich in zwei oder drei kleinen Produktionen zu sehen, in welchen er einen Jungen hasst der von einer Spinne gebissen wurde. Und dann war da noch eine Nebenrolle in einem Streifen über Schwule. Ein gewisser Jean Penn hat damals die Hauptrolle gespielt. Aber sonst war da nicht viel. Und plötzlich ist der Unbekannte bei den Oscars.

Schwer nachvollziehbar präsentierte sich auch Horwaths Filmgeschmack. „Toy Story 3“ hätte er gerne als besten Film prämiert. Eigenwillig. Das der bedeutendste aller Oscars an „The King’s Speech“ ging, fand er „ein bisschen schade“. Zu wenig innovativ war ihm Tom Hoopers Werk, das in seinen Augen auch in den 1930ern hätte gedreht worden sein können. Auch damals war es offenbar Gang und Gebe, dass die Darstellenden vor allem die Randbereiche der Bilder füllten, dass sie ab und zu aus dem Bild hinauszuspringen schienen und, dass die Kameras ihnen fast bis an den Gaumenzapfen in den Mund geschoben wurden.
Positiv verwies Horwath hingegen auf den wunderbaren „Eisenbahn-Thriller“ „Unstoppable“. Wahrlich, ein vieldiskutierter Klassiker.

Nächstes Jahr dann vielleicht doch wieder ein deutscher Sender. Und stumpfer Klamauk mit Anke Engelke oder Oliver Pocher. Oder auch einfach umschalten, während der Gesprächsfenster. Vielleicht läuft auf ORF2 dann der Spot mit dem rappenden Jungen. Abgesetzt wird der bis dahin wahrscheinlich nicht.
Der Autor
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DerKoberg


Forum

  • Metanoia

    Ich bin gerade dabei umzudenken. Mir gefällt die ORF-Oscarnacht zunehmend. Dessen Unterbrechungen sind bald interessanter als das Unterbrochene. Dagegen war die vergangene Golden-Globes-Moderation ein absoluter Hammer!
    apanatschka_bd42685caa.jpg
    02.03.2011, 22:29 Uhr
  • also...

    ...ich muss ehrlich gestehen, dass ich den horwath sehr mag. ;-)
    heidihome_9fc566c28c.jpg
    01.03.2011, 18:27 Uhr
  • Stimme zu!

    ÖDES VON HORWATH trifft es genau auf den Punkt. Und dazu noch eine Hannelore Veit, die kaum weiß, mit welchen Worten sie ihre Sätze formulieren soll.

    Trotzdem ist mir dieses anstrengende Geschwafel noch immer lieber als das gossipmäßige auf Pro7.
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    01.03.2011, 16:32 Uhr
    • Pro 7

      Auf Prosieben hatten sie heuer (in den US-Werbepausen) gar keine Moderation.
      Ich habe dennoch dann Prosieben geschaut, weil die Moderatoren im ORF immer wieder übersehen, dass sie Show schon weitergeht und man dann mitten in eine Moderation der Verleihung einsteigt. Prosieben hat hier den Wechsel von Werbefenster zu Liveübertragung besser hinbekommen.
      treadstone71_02519ad8f6.jpg
      01.03.2011, 16:42 Uhr