Kobergs Klarsicht
Kobergs Klarsicht: Bärte im Schnee

Kobergs Klarsicht: Bärte im Schnee

Wenn Männer unzufrieden sind oder unter Druck stehen, sind sie besser unbewaffnet; und wenn sie um Frauen streiten erst recht.
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von (DerKoberg)
Früher, da gab’s in den Wintern ja noch Schnee. 1985 lag in Graz so viel davon, da sind die Leute in der Herrengasse mit Langlaufskiern unterwegs gewesen. Und als der kleine Peter Rosegger die Christtagsfreude holen ging, da lag sowieso so viel Schnee, dass der brave Bub einen ganzen Tag lang unterwegs war, für ein bisschen Schmalz und ein paar Gewürze.

Nostalgische Erinnerungen haben immer viel mit Entbehrungen zu tun. Die Winter waren härter, die Lehrer waren strenger, die Computerspiele waren eine echte Herausforderung und Filmemacher mussten sich ohne die ganze Computertechnik noch richtig Mühe geben. Und Männer waren natürlich noch Männer; brutaler, rassistischer, frauenfeindlicher, aber trotzdem irgendwie besser.

Mit „The Hateful 8“ und „The Revenant“ sorgen gerade zwei Winter-Western für Furore, zwei höchst unterschiedliche Filme mit einer Reihe an Gemeinsamkeiten. Iñárritu und Tarantino, die beiden Regisseure, schwelgen zweifelsfrei beide in Nostalgie und verzichten aus Liebe zu ihrer Zunft auf allerlei moderne Annehmlichkeiten für sich und ihre Crew. Iñárritu verzichtete für „The Revenant“ auf jede Form der künstlichen Beleuchtung und ließ seinen Hauptdarsteller (Leonardo DiCaprio) zwecks der Authentizität so richtig leiden. Und Tarantino hat überhaupt auf moderne Kameras verzichtet und auf gutem alten 70mm Film gedreht.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist der Umstand, dass in beiden Filmen das Wetter eine bedeutendere Rolle spielt, als die Frauen. Ja, Jennifer Jason Leigh ist für ihre Rolle in „The Hateful 8“ für einen Nebenrollen-Oscar nominiert, wirklich eingreifen darf sie in die Geschehnisse aber nicht. Genau wie die gekidnappte Häuptlingstochter in „The Revenant“ ist sie ein Grund, warum sich all die Männer streiten. Und erschießen. Aber der Schneesturm vor der Türe hat in Bezug auf die Handlung mehr mitzureden, als die beiden Frauen.

Beide Filme spielen sich sowohl inhaltlich, als auch filmtechnisch, mit ihrem historischen Kontext, machen das ganz ausgezeichnet und wollen aller Wahrscheinlichkeit nach kein neues altes Männerbild propagieren. In einer Zeit, in der besorgte Bürger sogar in Österreich Waffenläden leerkaufen, um ihre Töchter vor den Fremden zu beschützen, sticht diese Geschlechter-Logik aber wieder mehr ins Auge. Und wo eine Anhäufung von nervös misstrauischen Fingern am Abzug hinführt, das stellen beide Filme recht unmissverständlich klar.