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Oscar-Special Teil 3: And the Oscar goes to…

Oscar-Special Teil 3: And the Oscar goes to…

Teil 3 des Specials von „r2pi“ befasst sich mit der Abstimmung und diversen Oscarbarometern.
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von r2pi
And the Oscar goes to...
Anders als im Nominierungsprozess ist beim „final voting“ die gesamte Academy (heuer 6028 Mitglieder) wahlberechtigt – und anders als im Nominierungsprozess werden die Oscargewinner für gewöhnlich mittels „plurality vote“ ermittelt – das heißt, jedes Academymitglied wählt einen Kandidaten aus, und der mit der Stimmenmehrheit gewinnt.
Spezielle Votingregeln gelten für die Fremdsprachen-, Dokumentar- und Kurzfilme: Mussten bis vor zwei Jahren interessierte Academymitglieder vor der Stimmabgabe noch „special screenings“ absolvieren (was die gesamte Wählergruppe für einen „Foreign Language Film“ oftmals auf unter 120 gedrückt haben soll), genügt es jetzt „alle nominierten Filme“ der jeweiligen Kategorie „gesehen“ zu haben. Kein Problem bei den zugesandten DVD-screeners... Ob sich dadurch vielleicht eine Verschiebung der (ehemals sehr konservativen, Kontroversen scheuenden) Academy-Vorlieben ergibt, bleibt abzuwarten.

Einzige Ausnahme der „plurality“-Regel ist einmal mehr der „Beste Film“ – der Preisträger wird nicht durch Stimmenmehrheit, sondern per „preferential system“ ermittelt:
Wie im Nominierungsprozess werden die nominierten Filme auf den Wahlzetteln gereiht. Sollten auf einen der Kandidaten 50% plus eine Erststimme entfallen, ist dieser der Oscargewinner – wenn nicht, werden die Filme mit der geringsten Anzahl an Erststimmen ausgeschieden und ihre Stimmen dem Zweitplatzierten zugerechnet. Solange, bis ein Kandidat die erforderlichen 50% plus eins erreicht hat.

Oh, it’s... a tie!
Uncut-Oscarquizzer werden sich noch an den Vorjahres-Split beim „Tonschnitt“ erinnern – der „Sound Editing“-Oscar ging überraschend an „Zero Dark Thirty“ und „Skyfall“. Ein seltenes Unentschieden, wie zuletzt 1994 beim „Live Action Short“, oder dem einzigen Doppeloscar in einer Hauptkategorie für Katharine Hepburn und Barbra Streisand als „Best Actress(es)“ 1969. Dass zwei Kandidaten die exakt gleiche Stimmenanzahl erhalten, ist an sich schon unwahrscheinlich – noch unwahrscheinlicher ist ein Patt beim komplizierten, ausgeklügelten „preferential system“. Doch genau das ist passiert:
Die Producers Guild Awards (PGA), Auszeichnungen der Produzentenbranche, gelten nicht zuletzt wegen des vergleichbaren Wahlvorgangs als wichtigster Indikator für den „Best Picture“-Oscar – als „Bester Film“ wurden heuer erstmals in der Geschichte der PGA „12 Years a SlaveundGravity“ ausgezeichnet. Zum Haareraufen aller Oscarologen...

Oscarbarometer
Zum Haareraufen sind heuer auch die Ergebnisse anderer „Precursor Awards“ – der Oscar ist ja nicht der einzige Filmpreis in der langen „Award Season“, und einige gelten als mehr oder weniger gute Oscarindikatoren. Da wären die erwähnten

PGA/Producers Guild Awards
Beste Chancen auf den Oscar haben die Gewinner von „Bester Film“ (17 Übereinstimmungen in den letzten 24 Jahren) und „Bester Animationsfilm“; insbesondere weil hinter der Produzentenbranche auch die Industrie mit dem (Marketing-)Geld steht. Wegen des „Best Picture“-Splits, und weil der siegreiche Dokumentarfilm keine Oscarnominierung hat, heuer leider nicht wirklich hilfreich.

DGA/Directors Guild Award
Sehr guter Indikator für die „Beste Regie – in der 65jährigen Geschichte der DGA ging der Regie-Oscar 58mal an den DGA-Gewinner.

SAG/Screen Actors Guild Award
Außer man ist – wie Waltz im Vorjahr – aus bestimmten Gründen gar nicht nominiert; ansonsten mit einer Übereinstimmungsrate von etwa 75% ein sehr guter Indikator, da die knapp 1200 Mitglieder der Actors Branch einen Löwenanteil der Gesamtwählerstimmen ausmachen

BAFTA
Britischer Filmpreis – Pro: Über 500 BAFTA-Wähler sind auch stimmberechtigte Academy-Mitglieder, der Votingprozess gleicht dem der AMPAS, und die Preise werden seit 2000 in zeitlicher Nähe zum „final voting“ der Academy vergeben. Kontra: Die Briten „ticken doch ein bissel anders“. „Bester Film“: „12 Years a Slave“, „Bester Britischer Film“: „Gravity

Golden Globes
Filmpreis der Hollywood Foreign Press – mit einer Vorliebe für Glamour und Stars, nur mit großem Vorbehalt als Oscarindikator zu gebrauchen.

WGA/Writers Guild Awards
Nominiert werden hier nur die Drehbücher, die den Richtlinien der Writers Guild entsprechen, die Awards sind also nur mit Vorbehalt als Indikator zu gebrauchen.

ACE/Eddie Awards
Schnitt-Preise der American Cinema Editors für Drama, Komödie/Musical, Animation, Dokumentation – guter Indikator für „Besten Schnitt“, aber auch für „Besten Film“ – in 38 Jahren gewannen 25 ACE-Preisträger auch den Schnitt-Oscar, 15 den „Besten Film“; seit dem Kategorien-Split 1999 in Drama und Komödie gab es 9 Übereinstimmungen. Zu beachten ist allerdings, dass seit 2009 der „Beste Film“ per „preferential voting“ ermittelt wird, die Eddies aber noch immer per „popular vote“ vergeben werden.

ADG/Art Directors Guild
Production Design in Period-, Fantasy- und Contemporary-Kategorien – die Academy hat eine gewisse Vorliebe für „Period“ – und „Alice im Wunderland“-Verfilmungen.

CDG/Costume Designers Guild
siehe DGA

The Artisan/Make-Up Artists & Hair Stylists Guild Awards
Dallas Buyers Club“, Spezialpreis an „Bad Grandpa“ – und natürlich „American Hustle“: Der Oscar-Snub bei „Makeup and Hairstyle“ hat ja höchste Verwunderung ausgelöst.

ASC/American Society of Photographers
Gravity“. No na.

VES/Visual Effects Society
Mit der Vergabe von Preisen in 24 Kategorien schon fast eine eigene Preisewelt – Hauptgewinner heuer „Gravity“ und „Die Eiskönigin - Völlig unverfroren“.

CAS/Cinema Audio Society
In 50 Jahren hatten nur etwa zwei Drittel der Gewinner auch eine „Soundmixing“-Oscarnominierung – „Ton“ ging heuer ebenfalls an „Gravity“ und „Die Eiskönigin - Völlig unverfroren“.

MPSE/Motion Picture Sound Editors Golden Reel Awards
Tonschnitt in mehreren Kategorien – „Sound Effects and Foley“ ging an „Gravity“, „Dialogue“ an „Captain Phillips“, „Music“ an „Die Eiskönigin - Völlig unverfroren“ und „Der große Gatsby“.

Nicht zu vergessen:
Die großen Kritikerpreise aus New York (NYFCC) und Los Angeles (Oh… schon wieder ein tie!)

Ich schätze, damit sind alle Klar- und Gewissheiten restlos beseitigt.
Die Autorin
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Forum

  • nachtrag;

    wenige tage nach der bekanntgabe des splits bei den PGA/producers guild awards zwischen "12YaS" und "Gravity" ließ die academy verlauten, einen oscar-split beim "besten film" werde es nicht geben. sollte der unwahrscheinliche fall eintreten, dass beide filme exakt gleich viele stimmen erhalten, würde der oscargewinner durch die höhere anzahl an zweit-, notfalls drittstimmen ermittelt werden.
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    04.03.2014, 22:47 Uhr
  • oscar predictions

    zusätzlich zu den mehr oder weniger rational nachvollziehbaren, statistisch auswertbaren precursor awards darf die emotionale komponente nicht außer acht gelassen werden: hier macht der junge bill murray vorhersagen zu den oscargewinnern 1987 - mit großem augenzwinkern:

    http://www.youtube.com/watch?v=ORZziPekAgI

    als letzte anleitung für noch unschlüssige oscar-quizzer ;)
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    02.03.2014, 14:54 Uhr
    • ;-D

      Hahaha. LOL.
      02.03.2014, 18:51 Uhr