Filmkritik zu The Iron Claw

Bilder: Constantin Film, Leonine Fotos: Constantin Film, Leonine
  • Bewertung

    Ein Ring, sie zu knechten und zu verfluchen  

    Exklusiv für Uncut
    Vielleicht ist es ein Zeichen, dass der Filmtitel der Spitzname der Siegesgeste des erfolgreichen Wrestlers ist. Die Finger werden dabei etwas gespreizt und gekrümmt, um eine Klaue nachzuahmen; wie auch immer ... „The Iron Claw“ von Regisseur Sean Durkin versammelt ein starkes Ensemble rund um Zac Efron und Jeremy Allen White. Die beiden Stars porträtieren zwei der Brüder aus der berühmten Wrestler-Familie von Erich.
     

    True Story im Ring

    „The Iron Claw“ beruht auf der wahren Geschichte dieser Fighter-Familie rund um Oberhaupt Jack und seine religiöse Ehefrau Dottie. Wobei Letztere zum Großteil in dieser Typisierung verbleibt. Maura Tierney meistert diese Rolle mit Bravour.

    Auch Vater Jack bietet wenig Tiefe. Hart und nie herzlich: Holt McCallany.  Er hat sich im Wrestling einen Namen gemacht, um seine Familie zu beschützen. Dabei ist er immer ehrgeiziger geworden, weshalb es ihn wurmt, dass er keinen großen Titel geholt hat.
     

    Von Vater-Sohn-Klischees

    Aber wozu hat man Söhne? Richtig, damit sie das schaffen, was Papi nicht gelungen ist. (Ganz genau dieses abgedroschene Thema, oder vielmehr Klischee, treibt die Handlung voran.) Jack trainiert alle Söhne, inklusive Ranglisten seiner Gunst. Sie sollen unbedingt das Kämpfergen entwickeln. Er schärft ihnen auch seine Weisheit ein: Wenn man der Stärkste ist, kann einem nichts passieren.

    Späte Erkenntnis

    Bis der Nachwuchs erkennt, dass das nicht immer so weise ist, ist es für manche schon zu spät. Der Familienfluch schlägt zu. Wenn man das so glauben möchte. Regisseur Durkin arbeitet schon genau heraus, wie falscher Ehrgeiz, Druck und Unerbittlichkeit zur Katastrophe führen können. Nicht nur einmal sehen wir härteste Trainingseinheiten oder Blessuren von Kämpfen, die grob versorgt, aber auf jeden Fall ignoriert werden müssen. Denn sonst ist man nicht der Stärkste.

    Durch-choreografierte Fights im Ring

    „The Iron Claw“ bietet viele, für manche vielleicht zu viele gut durchchoreografierte Wrestling-Kämpfe. Nicht zufällig beginnt der Film mit dem Blick auf den Schauplatz dieser Shows: dem leeren Ring, der bald von einem Muskelprotz nach dem anderen betreten wird. Die Kamera fokussiert auf die Körper, ein Move folgt auf den nächsten. Unterstützt vom Ton, vom Aufprall auf dem Boden. Natürlich ist das oberflächliche Action. Ein paar Kämpfe mögen notwendig sein, um diese Art von Show vorzustellen, allerdings wiederholen sie sich bald, zumindest wenn man keinen Zugang dazu bekommt. Eigentlich ist nur wichtig, ob man als Sieger hervorgeht oder nicht. Das könnte durchaus manchmal schneller ermittelt werden …

    Brüder unter sich

    Ein wenig Handlung und Entwicklung gibt es, wenn Durkin die Dynamik unter den Brüdern beobachtet. Sie halten zusammen, nur selten mischen sich dunkle Gefühle ein. Besonders die älteren bekommen mehr Raum, um zu zeigen, wer sie sind. Der Familienfluch verkürzt diese für manche von ihnen rasch.

    Der Familienfluch schlägt zu – und das Pathos

    Dieser wenig subtile Motor für die Handlung, dass zumindest einer der Söhne den Titel in die Familie holen muss, kommt schon mit viel Pathos daher. Die Kämpfe tun ihr Übriges. Und dann ist da noch der Familienfluch. Dabei wird kräftig auf die Pathos-Tube gedrückt, es durchdringt alles. Wirklich alles. Die Figuren werden darunter fast zu Karikaturen, eher unfreiwillig komisch als berührend. Es gibt kaum kleine, stille Momente. Fast jede Szene braucht eine Vereinfachung, eine große Geste (etwa fast jede übertriebene Kritik des Vaters an den Söhnen), die Show. Vielleicht ist das ein Meta-Kommentar zum Wrestling, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering …

    Da möchte man noch anmerken, dass die Frauenrollen – in dieser Männerwelt – einfach eindimensional sind. Das überrascht zwar nicht, trübt aber ebenso das Filmvergnügen.

    Ernüchterndes Fazit

    Was wahrscheinlich im Gedächtnis bleibt, ist Zac Efron im gelben Netzshirt. Ob das positiv ist, darüber muss die Autorin dieser Zeilen noch nachdenken. Wenn man im englischen Original schaut, fällt auch Lily James' Akzent auf.

    Ansonsten ist „The Iron Claw“ eine mit allzu viel Pathos und wenig Tempo inszenierte Familiensaga im Wrestling-Milieu, die für Fans wohl ganz spannend ist. Die Besetzung kann sich ebenso sehen lassen.
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    (Ursula Rathensteiner)
    18.03.2024
    18:29 Uhr
    Cinephile bevorzugt!
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