Woody Allen wird heute 80 Jahre alt. Grund genug für ihn offensichtlich, sich einem neuen Metier zu verschreiben: der TV Serie. Die Verträge wurden schon am Jahresanfang mit Amazon ausgehandelt, kurz nachdem die Amazon-Serie „Transparent“ einen Golden Globe einheimsen konnte. Amazon will damit den Konkurrenten Netflix in Schach halten und hat eine Staffel in Auftrag gegeben, die einzelnen Folgen sollen eine halbe Stunde dauern. Allen wurde mit Drehbuch und Regie betraut. Während Amazon also siegessicher ist, ist Allen selbst eher verzweifelt. Nach eigener Aussage ist er weder Konsument von Serien, noch hat er Ahnung von deren Dramaturgie. In einem Interview gab er an, jede Sekunde zu bereuen, den Vertrag unterschrieben zu haben. Doch warum hat sich Allen dazu breitschlagen lassen? Absolute künstlerische Freiheit und ein großzügiges Honorar sollen ihn dazu bewogen haben. Zwar hat Allen in seinen Filmprojekten auch viele Freiheiten, allerdings profitiert er davon, dass Darsteller bei ihm zu einem Bruchteil ihrer normalen Gage arbeiten und, dass er seine Drehorte hauptsächlich nach Europa verlegt hat, wo er Finanziers findet. Das Angebot von Amazon war also zu verlockend – und vielleicht sucht Allen auch ein klein wenig eine ganz neue Herausforderung, auch wenn dieser Plan ihm tatsächlich viel abverlangt.
Auch Lars von Trier wird man – so ist zumindest ist es vorgesehen – 2016 als Regisseur einer Serie erleben. Acht Folgen sind hier geplant, die Trier, wie Woody Allen, auch selbst verfassen wird. Im Gegensatz zu Allen hat von Trier allerdings schon einmal eine TV-Serie („The Kingdom“) verantwortet, allerdings für den dänischen Raum. Sein neues Projekt „The house that Jack built“ wird eine englischsprachige Produktion sein und, laut Ankündigung, etwas sein, was man noch nie sah und so auch nie wieder sehen wird, mit einem berühmten Cast. Von Trier mangelt es ja nicht unbedingt an Selbstbewusstsein, hält er sich doch für den größten Regisseur der Welt. Offensichtlich soll es in seinem neuen Projekt um einen Serienkiller gehen. Man darf also gespannt sein, auch wenn sich die Dreharbeiten aufgrund von Triers Alkoholproblemen etwas verzögern könnten.
Der Erfolgsautor John Irving hat wiederum andere Gründe, das Angebot von HBO, eine TV-Serie zu drehen, anzunehmen. Er will den Stoff seines Buches „Garp und wie er die Welt sah“, das 1982 schon verfilmt wurde, intensiver und näher an der Vorlage inszenieren. Zwar hatte auch er Zweifel und riet HBO jemand anderen zu nehmen, da er sich nicht mehr so jung und zornig fühlte wie zu dem Zeitpunkt als er den Roman schrieb. Doch HBO ließ das nicht gelten. Da Irving mit den Verfilmungen seiner Bücher generell nicht sehr zufrieden war – „Gottes Werk & Teufels Beitrag“ ist ihm „zu schön“ (trotz Drehbuch-Oscar für ihn selbst), der ursprüngliche „Garp und wie er die Welt sah“ „zu sauber“ – stimmte er schließlich zu. Irving erklärte in einem Interview, das Serienformat sei für sein populäres Buch wesentlich besser geeignet, da es dessen episodenartige Struktur unterstützt und die Menge an Parallelhandlungen durch längere Laufzeit besser bewältigen könne.
Und da wäre schließlich dann auch noch David Lynch, der nach diversen „Es ist kompliziert“ Statusupdates in den sozialen Netzwerken letztendlich doch zugesagt hat, Regie und Buch des „Twin Peaks“-Revivals zu übernehmen. Die TV-Serie etabliert sich hiermit einmal mehr als kreative Spielwiese für Autoren und Regisseure, auch solche, die sich normalerweise eher auf die große Leinwand konzentrieren.
1. Dezember 2015, 11:01 Uhr
Heidi@Home
Heidi@Home: Herausforderung TV-Serie
Welche populären Drehbuchautoren und/oder Regisseure in der nächsten Zeit an Serienprojekten arbeiten werden.
von
Heidi Siller (Heidi@Home)
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Zwangsvollstreckung
Hoffen wir nur, dass die genannten Autoren ihre Sache ernst meinen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen, und dass einige gute Serien und Episoden dabei heraus springen werden. Nichts ist trauriger als ein wunderbar bekannter Name mit einem großartigen Repertoire an guten Filmen, und dann ein Schandfleck in ihrer Filmographie. Vielleicht sollte man es wieder umgekehrt machen: Drehbuch schreiben um des Schreibens Willen - und nicht nur um Geldes Willen.