Bilder: 20th Century Fox Fotos: 20th Century Fox
  • Bewertung

    Rage Against the Machine

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Mildred Hayes, wunderbar gespielt von Francis McDormand, geht mit der Brechstange gegen eine Gesellschaft vor, um diese zu verändern. Schließlich heißt es Auge um Auge und Zahn um Zahn und keiner der beiden Parteien hat vor zurückzustecken. Aber beginnen wir am Anfang. Nachdem Mildreds Tochter Angela vergewaltigt und anschließend verbrannt wurde findet die Polizei von Ebbing keine Spur zum Täter und im Laufe der Zeit werden auch die Anstrengungen die dahinter stecken immer geringer. Dies lässt Mildred keine Ruhe und bringt sie auf die Idee heruntergekommene Reklametafeln zu mieten und mit Botschaften für die Polizei, und dessen Sheriff Bill Willoughby (Woody Harrelson), zu versehen. Dieser reagiert prompt, erklärt ihr aber dass die Ermittlungen zu einem Stillstand gekommen sind, da sie keinerlei Spuren haben, die sie verwenden können. Mildred steigt aber nicht zurück und lässt die Botschaften stehen. In Folge sieht sie sich der restlichen Bevölkerung von Ebbing ausgesetzt, die scheinbar geschlossen hinter Sheriff Willoughby steht.

    Es wird deutlich wie sehr Klischees und rassistische Denkweisen die Bevölkerung und auch die Mehrheit der Polizeibeamten lenken und diese von Kernthemen ablenken lassen. Officer Jason Dixon, grandios gespielt von Sam Rockwell, ist hier das beste Beispiel. Dixon ist ein etwas dümmlicher, mit Vorurteilen behafteter Beamter, der noch bei seiner Mutter wohnt und stellvertretend für die gesamte Bevölkerung von Ebbing steht, dessen Empörung Mildred nun entgegenschwappt. Ihr wird schnell klar, dass sie mit ihrer Provokation nicht nur die Polizei anstachelt, sondern alle Teile der Bevölkerung. Sei es die Kirche, die in Form von Pater Montgomery vorbeikommt um eine Standpredigt zu halten, oder der örtliche Zahnarzt, von dem Mildred behandelt werden sollte, dies aber abbricht nachdem sie merkt, dass dieser zu Willoughby hält.

    Der Sheriff wird dann zum Dreh- und Angelpunkt in einem Kampf um eine Gesellschaft zu verändern, in der moralische Grundzüge und Gerechtigkeit nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Stattdessen regieren im kleinen Städchten Ebbing, stellvertretend für das gesamte USA, Klischees, Vorurteile und ganz eindeutiger Rassismus. Es wirkt dann beinahe surreal, dass der Sheriff, der wohlgemerkt der Einzige ist der klaren Verstand behält und nicht von Vorurteilen gelenkt wird, die Bevölkerung nicht weiter kontrollieren und beschützen kann, da er von einem Krebs befallen ist und nicht mehr lange zu leben hat. Der Krebs kann hier für eine Morallosigkeit bestimmter Bevölkerungsteile stehen, die die Gesundheit einer gesamten Gesellschaft schließlich auch zugrunde gehen lassen könnte.

    Auf einer weiteren symbolhaften Ebene kann man erkennen, dass sich Mildred und Willoughby in ihren moralischen Werten sehr ähneln und sich dadurch von der restlichen Bevölkerung abheben. Mildred, die von Anfang an für Gerechtigkeit kämpft und sich davon auch von ganz Ebbing nicht abbringen lässt, trifft mitten im Film auf ein Reh. Dieses Reh steht meiner Meinung nach für die Unberührtheit einer sich falsch entwickelnden Gesellschaft. Demgegenüber ist Sheriff Willoughby Pferdebesitzer, also ein Tier, das gehegt und gepflegt werden muss und vom Menschen kontrolliert wird. Wie bei seinen Pferden muss sich Willoughby als Sheriff auch um seine Mitmenschen kümmern. Als er aber die Tiere in einer wichtigen Szene schlussendlich vom Stall entlässt zeigt sich, dass er Mildreds Moralvorstellungen teilt und auch eine Änderung in der Gesellschaft anstrebt. Auch er will den überhangnehmenden Einfluss von Vorurteilen und Rassismus unterbinden.

    Dieser Film zeigt mit unglaublicher Gewalt, fantastischen schauspielerischen Leistungen und einem kräftigen Hauch schwarzer Komödie eine Gesellschaft, die verlernt hat miteinander zu arbeiten und dadurch voranzukommen. Die Moral der Geschichte lautet denn auch passend, dass man Zusammen mehr erreicht als allein und Wut im Endeffekt nur immer mehr Wut bedingt.
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    (Daniel Pramberger)
    27.10.2017
    21:53 Uhr