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  • Bewertung

    Stille Reserven - Gestorben wird nimmer

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    In den 2030er Jahren scheint ein Versicherungskonzern ein Wien der Zukunft zu beherrschen. Die Spezialität dieses Konzerns, sind Todesversicherungen. Diese schließt man ab, wenn man sicher gehen will nicht als ‚Stille Reserve‘ - als Organlager, Leihmutter oder Datenspeicher - zu enden. Das heißt Sterben wurde zum Privileg der Reichen erklärt und jede Person die verschuldet und ohne diese Versicherungspolizze nahe dem Tod ist, wird künstlich am Leben erhalten um die Schulden in irgendeiner Form abzuarbeiten. In dieser dystopischen Welt versucht der Versicherungsagent Vincent Baumann Menschen für diese Polizzen zu gewinnen. Als er auf die Familie Sokulova angesetzt wird, gerät seine Welt allerdings ins Taumeln.

    Man liest, dass der ganze Film einzig an der Frage des Sterbeprivilegs hängt. Regisseur Valentin Hitz verbringt sehr viel Zeit damit diese von ihm erschaffene Welt zu erklären. Ja, er hat sich über viele Details sehr viele Gedanken gemacht, was durch die unzähligen mit Informationen über diese Welt beladenen Dialoge (welche die Handlung in keinster Weise weiterbringen und die dadurch wie Fernsehfilmdialoge wirken) bis in den letzten Akt erkennbar wird und das ist durchaus ermüdend. Man ist andauernd verleitet den Informationen über die Situation mehr Gewicht beizumeßen als der eigentlich Handlung.

    Ein großer Lichtblick ist die Schauspielführung, die eine stark gefühllose Welt suggeriert. Das Spiel aller Beteiligten erinnert an „2001: A Space Odyssee“, menschliche Gefühle existieren äußerst selten und wenn sie zugelassen werden, dann passieren diese relativ unkontrolliert und scheinen aus den Schauspielern mit aller Gewalt rauszubrechen. Am plakativsten wirkt dieses kontrollierte Spiel in einer Barsequenz, in der Lena Lauzemis' Charakter Lisa Sokulova einen alten Schlager von sich gibt. Diese Sequenz wirkt überaus bizarr und sticht so dermaßen heraus dass man sich fragt warum nicht mehr Sequenzen dieser Form entworfen wurden.

    Was übrig bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack. Visuell ist der Film auf eine dreckige Weise schön, auch die Nutzung von VFX und SFX kann man beklatschen. In dieser Hinsicht ist es schön zu sehen dass auch in Österreich die Zukunft Einzug hält und sich langsam aber sich auch die Erkenntnis breit macht, dass man sich im digitalen Zeitalter befindet. Die mangelnde Fokussierung auf das wesentliche, lässt den Film allerdings im weiten Ozean des Mittelmaßes schwimmen.
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    (Chris Dohr)
    28.10.2016
    13:13 Uhr
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