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63.8% Bewertung
  • Bewertung

    Düstere Atmosphäre sorgt für Gänsehautfeeling

    In „stille Reserven“ geht es um ein Wien in der Zukunft, bei dem die Schere zwischen Arm und Reich größer ist denn je. Die Menschen werden beherrscht von riesigen Konzernen, die Versicherungen, unter anderem eine Todesversicherung, anbieten. Sollte man verschuldet und ohne eine solche Versicherung sterben, wird der Körper durch Lebenserhaltende Maßnahmen zum Schulden abarbeiten gezwungen, etwa durch Leihmutterschaft, als Datenspeicher oder als Prozessor.
    Die Geschichte von „stille Reserven“ ist sehr komplex und verliert sich manchmal etwas in Erklärungen dieser dystopischen Welt. Dennoch kann der Film eine düstere, mitreißende Atmosphäre erzeugen, die mich als Zuschauer begeistert hat.
    Die Darsteller passen gut in die dunkle, freudlose Umgebung des Films. Clemens Schick verkörpert überzeugend den roboterhaften Vincent Baumann, der sich, getrieben von der Leistungsgesellschaft, in der er lebt, selbst kaum erlaubt menschliche Regungen zu zeigen.
    Auf der anderen Seite ist die Aktivistin Lisa, dargestellt von Lena Lauzemis, die versucht in dieser kalten Welt die Menschlichkeit wieder aufleben zu lassen, indem sie die Konzerne zu sabotieren versucht.
    Es gelingt dem Film ein spannendes Wechselspiel der beiden, wobei sie sich zwischen Feinden und Liebenden bewegen, zu zeigen, ohne dabei zu genau zu verraten, wer nach welchen Motiven handelt.
    Manchmal waren allerdings Szenen im Film zu sehen, die ein wenig lose und unnötig schienen, da die Geschichten dahinter weder genauer erklärt wurden, noch groß zur Atmosphäre des Films beitrugen, sondern eher Verwirrung stifteten.
    Alles in Allem ist „stille Reserven“ aber ein gelungener Film, der einen interessanten, wenn auch sehr negativen, Blick auf eine mögliche Zukunft unserer Gesellschaft wirft.
    05.11.2016
    19:48 Uhr
  • Bewertung

    Was wenn eines Tages nicht mehr das unendliche Leben, sondern der endliche Tod im Mittelpunkt unseres Lebens steht?

    Dieser zentralen Frage versucht sich „Stille Reserven“ mit letzter Konsequenz zu verschreiben. Dass kleinere Details dabei außer Acht gelassen werden, wäre nur vertretbar. Einige Unstimmigkeiten fallen aber sehr wohl ins Gewicht, vor allem, da sie die Handlung in letzter Konsequenz auch beeinflussen. So ist es nur logisch, dass bei einem Verbrechen, das den eigenen Tod bedeuten könnte statt der Staatsmacht das Rote Kreuz anrückt, um die Verbrecher ja bei Leben zu halten. Dass diese aber mit (bekannterweise todbringenden) Maschinenpistolen und Pistolen die Meute in Schach zu halten versuchen, ist dann doch etwas skurril. Auch sonst trüben immer wieder kleinere Längen in der Erzählung und unverhältnismäßige Meinungsumschwünge der Charaktere eine absolut tadellose schauspielerische Leistung. Eine interessante Vorstellung einer zukünftigen Dytopie, die leider nicht ganz bis zum Schluss fertig gedacht wurde, aber zumindest das Tor zu einer weiteren Realität aufgestößt.
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    05.11.2016
    14:13 Uhr
  • Bewertung

    Film Noir aus Österreich

    Im Wien der nahen Zukunft spielt der Staat keine Rolle mehr, alles ist in den Händen von Konzernen. Einer dieser Konzerne ist auf Todesversicherungen spezialisiert. Denn wer arm und verschuldet stirbt, wird als stille Reserve künstlich am Leben erhalten. Ein würdevoller Tod ist den Reichen vorbehalten oder eben diesen, die eine solche Todesversicherung abschließen. Vincent Baumann ist einer dieser düsteren Versicherungsvertreter und gut in seinem Job, bis er den Fall Sokulov bekommt, an dem er scheitert. Der alte Sokulov weigert sich nämlich, eine Todesversicherung abzuschließen. Baumann verliert seinen Posten im Konzern und bekommt den Auftrag, die Tochter des Alten, eine Aktivistin, auszuspionieren. Gelingt ihm dies, bekommt er die Chance, wieder im Konzern aufzusteigen.

    Regisseur Valentin Hitz liefert einen österreichischen Sci-Fi Film, steckt diesen aber in ein wunderschön entsättigtes Film Noir-Gewand. Er wollte einen Farbfilm machen, bei dem die Zuschauer das Gefühl haben, einen Schwarz-Weiß-Film gesehen zu haben...das ist ihm gelungen und zieht uns in den Bann einer schön anzusehenden Ästhetik. Hitz gestaltet seine Zukunftsdystopie liebevoll bis ins kleinste Deteil: das in Segmente gegliederte Wien, die kafkaesque Bürokratie im Konzern, die gefühlskalten Charaktere und ihre sachliche Sprache. Und ein paar Gänsehaut-Szenen in einer belebten Nachtbar (die stark an David Lynchs Blue Velvet erinnert), die all dem entgegen stehen. Sowohl Vincent als auch Lisa (obwohl als Aktivistin Teil einer Gegenbewegung) sind nicht von Emotionen getrieben. Umso interessanter macht es das Zwischenmenschliche zwischen ihnen. Sie nutzen sich aus, vertrauen einander nicht und doch sind die beiden die einzige Hoffnung auf ein wenig Menschlichkeit in dieser Dystopie. Es baut Spannung auf, die zwei den ganzen Film über um einander kreisen zu sehen und führt zu einem gelungenen und schön inszenierten Ende.

    Wirklich toller Film, der einen bildschön inszenierten Blick in unsere mögliche Zukunft wirft und den Zuschauer viel mehr fühlen lässt, als seine Protagonisten.
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    29.10.2016
    21:49 Uhr
  • Bewertung

    Stille Reserven - Gestorben wird nimmer

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    In den 2030er Jahren scheint ein Versicherungskonzern ein Wien der Zukunft zu beherrschen. Die Spezialität dieses Konzerns, sind Todesversicherungen. Diese schließt man ab, wenn man sicher gehen will nicht als ‚Stille Reserve‘ - als Organlager, Leihmutter oder Datenspeicher - zu enden. Das heißt Sterben wurde zum Privileg der Reichen erklärt und jede Person die verschuldet und ohne diese Versicherungspolizze nahe dem Tod ist, wird künstlich am Leben erhalten um die Schulden in irgendeiner Form abzuarbeiten. In dieser dystopischen Welt versucht der Versicherungsagent Vincent Baumann Menschen für diese Polizzen zu gewinnen. Als er auf die Familie Sokulova angesetzt wird, gerät seine Welt allerdings ins Taumeln.

    Man liest, dass der ganze Film einzig an der Frage des Sterbeprivilegs hängt. Regisseur Valentin Hitz verbringt sehr viel Zeit damit diese von ihm erschaffene Welt zu erklären. Ja, er hat sich über viele Details sehr viele Gedanken gemacht, was durch die unzähligen mit Informationen über diese Welt beladenen Dialoge (welche die Handlung in keinster Weise weiterbringen und die dadurch wie Fernsehfilmdialoge wirken) bis in den letzten Akt erkennbar wird und das ist durchaus ermüdend. Man ist andauernd verleitet den Informationen über die Situation mehr Gewicht beizumeßen als der eigentlich Handlung.

    Ein großer Lichtblick ist die Schauspielführung, die eine stark gefühllose Welt suggeriert. Das Spiel aller Beteiligten erinnert an „2001: A Space Odyssee“, menschliche Gefühle existieren äußerst selten und wenn sie zugelassen werden, dann passieren diese relativ unkontrolliert und scheinen aus den Schauspielern mit aller Gewalt rauszubrechen. Am plakativsten wirkt dieses kontrollierte Spiel in einer Barsequenz, in der Lena Lauzemis' Charakter Lisa Sokulova einen alten Schlager von sich gibt. Diese Sequenz wirkt überaus bizarr und sticht so dermaßen heraus dass man sich fragt warum nicht mehr Sequenzen dieser Form entworfen wurden.

    Was übrig bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack. Visuell ist der Film auf eine dreckige Weise schön, auch die Nutzung von VFX und SFX kann man beklatschen. In dieser Hinsicht ist es schön zu sehen dass auch in Österreich die Zukunft Einzug hält und sich langsam aber sich auch die Erkenntnis breit macht, dass man sich im digitalen Zeitalter befindet. Die mangelnde Fokussierung auf das wesentliche, lässt den Film allerdings im weiten Ozean des Mittelmaßes schwimmen.
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    28.10.2016
    13:13 Uhr