Unterwäschelügen

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Forumseintrag zu „Unterwäschelügen“ von hellsFlair

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hellsFlair (02.11.2016 21:23) Bewertung
Unterwäschelügen - ein Titel spricht für sich
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Womanizer Henning wechselt die Frauen in seinem Bett schneller als seine Unterwäsche. Doch mit Mela läuft es anders: sie will ihn nur für sich, oder sonst soll er niemanden haben. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner den dieser Film hervorbringt.

Sex, Zwischenmenschliches, Charaktere und echte Gefühle sind die Bestandteile jedes Lemke-Films, Dramaturgie oder gar Regeln der filmischen Sprache und Grammatik eher nicht. Das macht es jedes mal aufs neue schwer die Filme von Klaus Lemke zusammenzufassen. Auch in seinem neusten Machwerk schafft er es unzählige Fässer zu öffnen, diese aber in weiterer Folge unbeachtet zu lassen. Dramaturgisch ist das eine gewaltige Leistung, da seine Filme trotz der Verweigerung herkömmlicher Regeln funktionieren und unterhalten. „Unterwäschelügen“ kommt kohärenter als seine vorherigen Filme daher, lässt aber dennoch einige Fragezeichen aufscheinen die in weiterer Folge nicht beantwortet werden. Da lernt Henning relativ am Anfang des Films eine Konditorin kennen und schwärmt in höchsten Tönen von ihr, verbringt scheinbar einen Tag mit ihr, doch schlussendlich wird diese Frau nicht mal mehr erwähnt. Eine ähnliche Sequenz erleben wir mit Mela, die scheinbar über Nacht einen italienischen Kunsthändler heiratet, mit diesem nach Napoli fährt, nur um kurz darauf mit einem blauen Auge und dem Vermerk dass ihr italienischer Lover unter ungeklärten Umständen in den Vesuv gestürzt sei wieder in München zu landen. Die dramatischen Möglichkeiten die sich aus dieser Steilvorlage ergeben würden sind relativ unerschöpflich, doch als einer der wenigen Regisseure lässt sich Lemke von seinem Weg nicht beirren. Es geht weiterhin um das Paarungsverhalten orientierungsloser Großstädter.

Alles in allem macht gerade diese Inkohärenz Lemkes Filme – wie auch diesen – aus. Die Dialoge als auch das Spiel sind seiner radikalen Produktionsweise geschuldet, da er großteils mit Laien dreht, echten Menschen, wie er sagt, die echte Gefühle zeigen können. Das macht auch „Unterwäschelügen“ unterhaltsam: die dramaturgische Inkohärenz als auch die Negation jeglicher hochwertiger Produktionsmittel, verbunden mit dem Einsatz von Laien funktioniert bei Lemke wie bei selten einem Regisseur. Unterwäschelügen besticht vor allem damit, dass man das Medium Film bzw. die Form in der Geschichten audiovisuell erzählt werden zumindest hinterfragt.
 
 

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