Berlinale 2008
Berlinale Tag 4

Berlinale Tag 4

Am vierten Tag gab es etwas Kunstvolles, manch Künstliches und zum Schluss sogar Künstlerisches zu sehen.
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von (Harry.Potter)
Nach schon fast 5 Tagen, die wir hier in Berlin sind, gab es heute Morgen endlich die ersten Sonnenstrahlen zu sehen. Ein ganz besonderes Gefühl, einerseits, weil das Wetter hier bisher nicht gerade freundlich gewesen war und andererseits, weil ich ja die meiste Zeit des Tages innerhalb von Gebäuden bzw. in der Dunkelheit eines Kinosaales verbringe und so ein freundliches Wetter mit Sonnenschein natürlich dann umso kostbarer ist. Natürlich hätte es heute am frühen Morgen schon den nächsten Wettbewerbsbeitrag zu sehen gegeben, aber nachdem Harald gestern bis fast vier Uhr morgens mit der Nachbearbeitung der Bilder und dem Schnitt des Podcasts zu tun hatte, beschlossen wir, den heutigen Sonntag Vormittag frei zu nehmen. Als ersten Film für heute hatte ich mir den neuen Film von Isabelle Coixet vorgenommen, jener Schülerin des spanischen Regisseurs Pedro Almodovar, die mich zuletzt mit dem berührenden Film „Das geheime Leben der Worte“ beeindruckt und neugierig gemacht hatte. Wie sich heraus stellte, sollte ich auch nicht entäuscht werden: „Elegy“ ist ein wunderbarer, sehr berührender und schöner Film der ein ernst zu nehmender Kandidat für einen der Bären werden könnte.

Am Nachmittag stand der amerikanische Streifen „Fireflies In The Garden“ auf dem Programm, der zwar im Wettbewerb läuft, aber außer Konkurrenz gezeigt wird. Eine gute Entscheidung, denn trotz seiner prominenten Besetzung und Überlänge kommt die Familiengeschichte vom autoritären Vater und dem leidenden Sohn nicht vom Fleck und ist eher in die Kategorie „künstlich“ als „kunstvoll“ einzuordnen.

Den Abend rundete schließlich eine Dokumentation über den/die britischen Künstler „Gilbert & George“ ab, die in der Panorama-Sektion des Festivals gezeigt wurde. Nach all den emotionalen Grautönen der hier bisher gezeigten Dramen eine zumindest sehr bunte und intellektuell wie sensitiv herausfordernde, aber zweifellos kunstvolle Abwechslung, die mir sehr gut getan hat.

Überhaupt lässt sich feststellen, dass die Berlinale, was den Wettbewerb und das Panorama betrifft, einen Hang zum Dramatischen hat. Das führt dazu, dass man sich als Journalist rund 30 Filme anzusehen hat, in denen fast immer irgendjemand irgendwelche Probleme hat, einen Ausweg sucht, manchmal findet, manchmal aber auch nicht. Es werden zwischenmenschliche, gesellschaftliche und politische Themen abgehandelt, es wird leidenschaftlich geliebt, aus ebenso ganzem Herzen gelitten, viel geheult und geschrieen, oft auch getötet oder verletzt und sei es „nur“ mit Worten. Alle diese Varianten menschlicher Emotion kommen vor, aber eine, die mindestens so zentral wie lebensnotwendig ist, bleibt ausgeblendet: das Lachen. Wie schön wäre es doch, wenn man bei dem Festival auch mal lustige Filme auswählten würde. Etwas zum Lachen, eine irrwitzige Satire, eine herzhafte Komödie, anspruchsvolle Unterhaltung wie sie zum Kinoleben genauso dazu gehört. Leider beschränkt sich das Quantum Humor dieses Jahr auf den Abschlussfilm „Be Kind Rewind“ von Michel Gondry. Bis dahin heißt es wohl: durchhalten. (Oder sich ein paar Bilder von Gilbert & George anzuschauen, denn die sind auf jeden Fall für Abwechslung gut, wenngleich vieles davon meinen persönlichen Geschmack eher überhaupt nicht trifft, aber Geschmäcker sind schließlich verschieden, wie wir wissen.)

Mehr dazu auf Uncut:
Elegy - Zurück im Sommer - With Gilbert & George
Der Autor
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Harry.Potter

Forum

  • Erfahrungen und Bewertungen

    Lieber Harry und lieber Markus! Ihr 2 seid einfach sensationell - Bilder und Berichte begeistern! Finde es für mich super, dass ich dank den Kritiken von Markus genau weis, was ich mir anschaue bzw. was eher vermeiden werde! Dank Harry wissen wir wer "in natura" auch gut ausschaut ;-)
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    11.02.2008, 18:08 Uhr
  • DANKE für Euren Einsatz!!

    Liebes Uncut in Berlin,
    eigentlich müsste man ja ein wenig neidisch sein, auf das was Ihr in Berlin erleben und sehen dürft.
    Aber wenn man dann liest, dass Ihr bis 4 Uhr früh arbeitet, nur damit wir zu Hause gebliebenen auch ein wenig von dem Flair mitbekommen, dann wandelt sich der Neid schnell in Bewunderung für Euch um.
    Deshalb von mir ein herzliches DANKE für Euren spitzen Berichterstattung in Bild, Ton und Schrift!!!!
    Schau mir jeden Tag Eure Berichte an und muss sagen, ihr beide seit reif für eine Oskar ;-)
    Weiter so, aber vergesst nicht auch ein wenig zu genießen!
    11.02.2008, 09:54 Uhr
  • Großes Kompliment an das Berlin-Team!

    Es ist wirklich unglaublich, was ihr zwei für einen "Output" liefert! Qualität und Quantität der Berichterstattung sucht wirklich seinesgleichen!
    Aber übertreibt es nicht! - Auch ihr habt Euch manchmal eine "Mütze voll Schlaf" verdient!
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    11.02.2008, 08:39 Uhr