Cannes 2015 - Tag 8

Wer läuft mir da über den Weg? Ist es Joel oder Ethan Coen? Ich tippe auf Joel Coen. Kontrolliere es im Internet und finde die Bestätigung. Die Coen-Brüder werden von der Filmwelt vor allem wegen „Fargo“, „The Big Lebowski“ und „No Country for Old Men“ geschätzt – ich tue es wegen „Miller's Crossing“. Das habe ich auch der anderen Hälfte der Coens – Ethan – in meinem ersten Jahr in Cannes 2007 zum Ausdruck gebracht. An der Croisette muss man aufpassen, denn wenn Filmstars als Otto-Normalverbraucher herumspazieren, erkennt man sie nicht gleich immer. Dieses Jahr fungieren sie übrigens als Präsidenten der Jury in der Competition (Hauptbewerb).

Nicht übersehen konnte man Michael Caine, Harvey Keitel, Jane Fonda, Paul Dano und den Regisseur von „Ewige Jugend“ Paolo Sorrentino, der kürzlich mit „La Grande Bellezza - Die große Schönheit“ den europäischen Filmpreis und den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen hat. Noch vor der Pressekonferenz bekam ich diese tollen Filmemacher vor meine iPhone-Linse. Michael Caine wird für mich immer „ein hinreißend verdorbener Schurke“ sein. Harvey Keitel bleibt auf ewig ein „Reservoir Dog“. Bei „Barbarella“ Jane Fonda musste ich vor allem im Film genauer hinschauen – das Alter und die Maske hinterlassen Spuren. Auf die Frage eines Journalisten in Richtung Michael Caine, wie die Dreharbeiten mit Paolo Sorrentino waren, antwortete der Gentlemen: Fantastic.

Ein kleines Skandälchen ist dank der Filmzeitschrift SCREEN nun auch bekannt geworden, nämlich dass Frauen in Stöckelschuhen zu den Premieren erscheinen müssen. Oder in anderen Worten: Flache Schuhe sind verboten. Obwohl sich Festivalleiter Thierry Fremaux bei einem Essen im Carlton-Hotel für den Übereifer entschuldigt hat, greift eine Welle der Entrüstung um sich. Ich für mich bin bereit in High-Heels zu investieren, wenn ich damit bessere Chancen habe in die Pressevorstellungen hinein zu kommen ;-) Deal – or not?

Nachdem Patrick zum zweiten Mal vergeblich versuchte sich „Ewige Jugend“ anzusehen, musste ein Alternativprogramm her. „Taklub“ des oft brillanten philippinischen Regisseurs Brillante Mendoza stand am Programm. Brillant war der Film zwar nicht, aber doch ganz passabel. Danach ging es weiter zur insgesamt zweiten Vorstellung des indischen Dramas „Masaan - Fly Away Solo“, der bei seiner Premiere am Tag davor 5 Minuten lang stehende Ovationen erhielt. Standing Ovation gab es zwar diesmal keine, gut war der Film aber trotzdem. Am Abend stand und tobte die Croisette dann schließlich tatsächlich. Der im Rahmen der Quinzaine des réalisateurs präsentierte französische Film „Fatima“ überzeugte auf ganzer Linie, das Publikum war völlig zurecht außer sich.