Wim Wenders ist eine Ikone des deutschen Kinos und für alle Filmfreunde mit „Der Himmel über Berlin“ untrennbar mit der Stadt verbunden. Dem entsprechend groß war das Interesse an seinem neuesten Film, den er hier im Wettbewerb, wenn auch außer Konkurrenz, präsentierte. James Franco, Charlotte Gainsbourg und Rachel McAdams spielen in „Every Thing Will Be Fine“, einem Drama um einen Schriftsteller, der durch einen unverschuldeten Autounfall über lange Zeit aus der Bahn geworfen wird und sein Leben völlig neu ordnen muss. Wim Wenders hat sein Drama bewusst in 3D gedreht, um die visuellen Möglichkeiten dieser Technik auch außerhalb des Actionkinos zu nutzen. Herausgekommen ist ein sehr schöner und berührender Film über die Kraft von Schuld und Sühne und die wesentliche Notwendigkeit, sich den eigenen Verfehlungen zu stellen und sie aufzuarbeiten. So manche Träne wurde heute im Kinosaal vergossen, auch wenn der Film insgesamt nichts wirklich Neues zu der Thematik beizutragen hatte.
Ebenfalls nichts wirklich Neues zum Thema Homosexualität unter Priestern und Missbrauch von Minderjährigen in der katholischen Kirche konnte der chilenische Film „The Club“ beitragen, dies aber nicht nur durch die schwüle Inszenierung, sondern auch durch die sexuell überdetaillierten Dialoge, mit denen er die Figuren seines Filmes und sein Publikum weitgehend quält. Ein so wichtiges Thema hätte es sich verdient gehabt, differenzierter und anspruchsvoller in Szene gesetzt zu werden.
Mit vielen Emotionen und großer Begeisterung wurde schließlich in der Reihe „Berlinale Special Gala“ im Beisein des US-Botschafters in Berlin John B. Emerson sowie der Regisseurin Ava DuVernay und des Hauptdarstellers David Oyelowo die internationale Premiere des Bürgerrechte-Dramas „Selma“ im Friedrichstadtpalast gefeiert und vom Publikum mit minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen aufgenommen.
Für Marina war heute ein Österreich-Schwerpunkt angesagt, sie hat sich für Euch nämlich „Der letzte Sommer der Reichen“ von Peter Kern sowie „Homesick“ des Grazer Regisseurs Jakob M. Erwa angeschaut.
10. Februar 2015, 23:59 Uhr
Berlinale 2015
Berlinale 2015 - Tag 6
Auch wenn es der Titel des neuen Filmes von Wim Wenders vorgibt, wird manchmal doch nicht alles wieder gut, wenn man das Gespür für das richtige Maß aus den Augen verliert.
von
Markus Löhnert (Harry.Potter)
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Forum
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Nothing will be fine
Schön, dass Wim Wenders 3D bewusst eingesetzt hat. Aber macht das den Film besser? Ohne den Film gesehen zu haben, glaube ich, dass 3D keinen Mehrwert schafft. Oder habe ich unrecht?-
3D einmal anders
Im Falle dieses Filmes würde ich das differenziert sehen. Natürlich kann man ihn sich auch in 2D anschauen und wird keinen schlechteren Eindruck davon bekommen, denn als Drama braucht er das 3D ja nicht prinzipiell. Aber Wim Wenders hat bei diesem Film sehr bewusst diese neue Technik verwendet und es gibt eine ganze Reihe von Szenen, in denen man das deutlich merkt. Weniger um tolle Effekte als um die Tiefenwirkung der Szenen ging es ihm. Ein Beispiel: in einer Szene sieht man Charlotte Gainsbourg, wie sie ihren Sohn Christopher ins Bett bringt. Sie sitzt am Bettrand, etwas dahinter sieht man die Nachtkasten-Lampe ihres Sohnes. In einem 2D-Bild wäre diese erkennbar, aber unscharf, da der Focus auf der Person am Bettrand liegt. Mit 3D sind sowohl Vorder- als auch Hintergrund scharf und so können wir erkennen, dass auf dem Lampenschirm ein kleiner Junge abgebildet ist, der gerade pinkelt. Das ist ein Hinweis auf eine spätere Szene im Film (soviel sei verraten).
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