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  • Bewertung

    Bilderrausch

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Militärische Marschmusik begleitet schwere Landwirtschaftsmaschinen, die von einer Fähre ausgeladen werden und als Schwertransport die Straße entlang rollen. Zusammen mit der Kameraposition im Hubschrauber wirkt das ganze wie aus einem Michael-Bay-Film – nur ohne Sonnenuntergang und Explosionen. Arbeiter machen sich ans Werk, eine Zuckerrohrplantage abzuernten. Das ganze geschieht ohne gesprochenes Wort – so wie im ganzen Film kein menschliches Individuum auch nur einen Mucks von sich gibt. Dafür ist die Natur um so lauter. Doch es dauert nicht lang, bis Vogelgezwitscher und Machetenschläge von Maschinenlärm überdeckt werden. Das Sounddesign ist beeindruckend und sinnbildlich für das technisch extrem hochwertig produzierte Projekt, das sich anfangs noch als Dokumentarfilm gibt. Denn was als typisches Direct-Cinema-Projekt über Arbeiter, deren Pausen und die Verdrängung von Arbeitskraft durch Maschinen beginnt, wird schlagartig zu einem surrealistischen Traumbild in dem sich Mensch und Technik einen unerbittlichen Machtkampf liefern. Der allgegenwärtige Fortschrittsglaube wird so satirisch hinterfragt. Zuckerrohrschneider schreiten von Kamera und Musik heroisch als Astronauten inszeniert zu ihren Baggern, um kurz darauf von einem Modell im Bikini durch eine maschinelle Tanzchoreographie dirigiert zu werden. Die brasilianische Flagge durchschneidet ebenso wie gekonnt eingesetzte grelle Farben den immer absurder werdenden opulenten Bilderrausch des humorvoll montierten beinahe-Experimentalfilms, der in seiner Kritik oberflächlich bleibt, aber handwerklich auf ganzer Linie überzeugt.
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    (Patrick Zwerger)
    15.02.2015
    02:42 Uhr
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Regie: Marcelo Pedroso