Fatima

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Forumseintrag zu „Fatima“ von patzwey

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patzwey (09.06.2015 09:18) Bewertung
Sympathische Mutter sorgt für standing ovations
Exklusiv für Uncut aus Cannes 2015
Fatima arbeitet von früh bis spät. Sie putzt. Da die algerische Migrantin noch Probleme mit der französischen Sprache hat, bleibt ihr nichts anderes übrig. Als alleinerziehende Mutter muss sie das Leben ihrer beiden Töchter mitfinanzieren. Sie tut es gerne. Die ältere Tochter studiert im ersten Semester Medizin, die jüngere geht noch zur Schule. Die Chance, dass die Töchter eine schöne Zukunft haben könnten, treibt die stets sympathische Fatima an.

Es ist die Geschichte einer starken Frau, die sich nicht unterkriegen lässt. Die Steine, die ihr die Gesellschaft in den Weg legt, versucht sie mit Humor zu umgehen. Der Skepsis, die gegenüber Migranten herrscht, begegnet sie mit einem sympathischen Lächeln. Fatima ist voll Energie und Lebensfreude, die sie mit ihrer Ausstrahlung in den Kinosaal überträgt. Es macht Spaß zuzusehen, wie sie ihr nicht gerade einfaches Leben meistert. Ihre sympathisch-verschmitzte Art erinnert an herausragende Schauspielleistungen jene wie in „Gloria“ oder „The Second Mother“. Es ist die Verbindung von spielerischer Leichtigkeit und ernsten Themen, die diese Filme auszeichnet. Das Zusammenspiel von Schauspiel und Regie ist bemerkenswert. Dennoch täuscht der Film nie darüber hinweg, dass Fatima unter den Verhältnissen leidet. Ihr Körper droht schlapp zu machen. Zu groß ist die Hingabe für ihre Töchter und der Undank den sie erntet. So etwa von der jüngeren hochpubertären Tochter, die sich für ihre Mutter schämt. „Lieber würde ich stehlen und in den Knast gehen, als für andere zu putzen“, lautet das Motto der Möchtegern-Rebellin. Zur älteren Tochter ist das Verhältnis besser. Doch die Strapazen des Medizinstudiums zehren ebenso an Fatimas Kräften.

Der Film spielt mit kulturellen Klischees ohne je zum billigen Abklatsch zu werden. Das Verhältnis zwischen erster und zweiter Migrantengeneration steht stets im Fokus. Dauerkonflikte sind vorprogrammiert. Die Kinder sind kulturell fest in Frankreich verwurzelt. Ihr arabisch ist schlecht, Kopftuch tragen sie im Gegensatz zur Mutter keines. Bildung scheint für diese Generation der Ausweg aus der Armut zu sein. Auch Fatima verschließt sich der Bildung nicht. Um ihren Kindern eine bessere Mutter zu sein, besucht die Französischkurse. Mit einem Gedicht auf Arabisch drückt sie ihre Gefühle aus, sagt was sie auf Französisch nicht sagen kann. „Wenn ich in Algerien geblieben wäre, wäre ich längst Ministerin“. Aus dem Mund der Putzfrau scheint dies wie Träumerei, verdeutlicht aber den Zwang zum Neubeginn. Bei seiner Premiere erntete „Fatima“ minutenlang stehende Ovationen. Zurecht!
 
 

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