Filmkritik zu Thanatos, Drunk

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Dramaturgie eines Betrunkenen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Taipeh als jugendfeindliche Gegend: Der Film umkreist das Leben von fünf Jugendlichen, die sich in der Gesellschaft einfach nicht zurecht finden können. Rat arbeitet auf einem Gemüsemarkt und ertränkt seine Sorgen in Alkohol und Gewalt. Beruhigung bringen Ameisen und tote, stinkende Fische, die er in sein Aquarium wirft sowie Schweineköpfe und eine Prostituierte, in die er sich verliebt. Das für die Zukunft nicht gerade positive Motiv der Verwesung ist allgegenwärtig. Shuo, Rats bester Freund und zugleich auch Partner seiner Cousine, gibt sich als kleinkrimineller Möchtegern-Gigolo und verliebt sich schließlich doch in Rats narzisstischen Bruder, der als Tänzer in einem Nachtclub arbeitet.

    Die Jugendlichen driften durch ihren Alltag, ohne irgendwo Halt zu finden. Genausowenig, wie die Kamera, die die Aufmerksamkeitsspanne eines Betrunkenen zu haben scheint. Doch aus den Augen, verliert sie ihre Protagonisten nie und befindet sich stets sehr nahe an ihren sexuellen und existenziellen Ängsten. Einer festen Dramaturgie verfolgt der Film dabei nicht. Es herrscht ein ständiges Hin-und-Her, das es nicht gerade einfach macht, sämtliche Zusammenhänge im Auge zu behalten. Am Ende fügt sich vieles Zusammen. Einsame Momente beunruhigender Langsamkeit wechseln mit hektischem Großstadtgeschrei. Und wie so oft im Kino, entlädt sich Haltlosigkeit in einer Gewaltorgie als letzter Hilfeschrei der Jugend, die nichts mehr mit der Elterngeneration am Hut hat – in diesem Fall wird diese von der alkoholkranken Mutter verkörpert, die ihre besten Tage als Schauspielerin schon lange hinter sich hat.
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    (Patrick Zwerger)
    15.02.2015
    02:51 Uhr
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