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  • Bewertung

    Gschichtln aus der Gruft

    Exklusiv für Uncut
    Nach seinem semiautobiografischen Spielfilmdebüt „Die beste aller Welten“, und der Würdigung seines Großvaters in „Der Fuchs“ widmet sich Adrian Goiginger mit „Rickerl - Musik is höchstens a Hobby“ erneut einem besonderen Leben. Ungeschönt, emotional, einfach echt.

    In Erich „Rickerl“ Bohaceks Leben läufts grad nicht wirklich. Mittlerweile verbringt er fast mehr Zeit beim AMS, als zu Hause, seinen Sohn Dominik sieht er nur jedes zweite Wochenende und die Ex will dann lieber gar nicht mit ihm reden. Dazwischen treibt es ihn ins Stammbeisl, wo er nach Inspirationen sucht, oder die Gäste mit seinen Darbietungen verzaubert. Denn eines kann er hervorragend: Musik machen. Die müsste nur noch irgendwie Geld abwerfen. Doch hinter der Träumerei muss er endlich aus dem Schatten seines Rabenvaters treten und Dominik das geben was er nie hatte.

    Die Geschichte weist Parallelen zu einem bekannten Liedermacher auf, und das sicher nicht zufällig. Die Rede ist natürlich von David Öllerer, besser bekannt als „Voodoo Jürgens“. Der ist hier nämlich in der Titelrolle zu sehen. Und die meistert er mit Bravour. Der junge Ben Winkler ergänzt das äußerst überzeugende Vater-Sohn-Gespann, welches das Herzstück des Films bildet und das mir zum Schluss erneut Tränen aufs Gesicht gezaubert hat. Damn you Goiginger, you did it again!

    Was er hier aber vor allem auf die Leinwand zaubert ist eine einzige Liebeserklärung an die Musik, die entgegen dem Untertitel eben doch mehr ist als ein Hobby. Zwischen Voodoo Jürgens Eigenkompositionen gesellen sich auch einige Hommagen an all jene die vor ihm kamen. Und schon in der ersten Szene wird klar, was ein gutes Lied in uns auslösen kann, als mehrere Leute plötzlich zu einem Song mitsingen, den sie vorher noch nie gehört haben. Oder die beruhigende Atmosphäre hinter einer im Chaos versinkenden Hochzeit. Oder ein intimer Moment zwischen Vater und Sohn. Musik ist Magie. Mir, der ich mich nie wirklich mit der von Voodoo Jürgens auseinander gesetzt habe, hat sie der Film ein großes Stück näher gebracht.

    Ebenso wie Jürgens Lieder geizt der Film nicht mit derbem Wiener Schmäh (der Film beginnt wörtlich mit einem Auftritt auf einem Friedhof). Die Beislatmosphäre konnte ich dazu als Zuschauer fast riechen und schmecken; es gibt beinahe keine Szene, in der nicht entweder ein Bier, Spritzer oder eine Tschick involviert ist. Wenn die Rauchschwaden stehen, ist es fast, als blicke man in die Vergangenheit. Die Kultur und ihre Etablissements mögen vielleicht aussterben, aber Goiginger hat ihnen hiermit ein Denkmal gesetzt.

    Entgegen Rickerls Produzenten wünsche ich jedenfalls allen Beteiligten dass sie sehr wohl „reich damit wean“. Aber selbst wenn nicht, „berührt hots mi!“.
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    (Markus Toth)
    13.01.2024
    17:39 Uhr