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  • Bewertung

    Der König ist tot. Hoch lebe der König!

    Exklusiv für Uncut aus Cannes 2023
    Normalerweise ist das Pressepublikum dafür bekannt einen Film zu bejubeln oder eben auszubuhen. Bei Maiwenns „Jeanne du Barry“ gab es dezentesten Applaus und der erste Gedanke, der sich manifestierte, war: „Das wars?“. Nach einem zweistündigen Einblick in das Leben Ludwigs XV. und seiner Lieblingsmätresse Jeanne, gespielt von der Regisseurin selbst, gibt’s einige obligate, aber letztendlich erfolglose Tränendrücker. Aber alles der Reihe nach. Nach einer organisierten Begegnung auf Schloss Versailles, dem heimlichen Star des Films, erfolgt beim Spalierstehen ein längerer Augenkontakt mit dem König und umgekehrt. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen knistert es bei den zwei Liebenden. Aber das Liebesglück wird von (kindischen) Intrigen am Hof bedroht. Am Horizont wehen die Fahnen der französischen Revolution.

    In Zeiten von „Me too“ wirkt der Streifen aus der Zeit gefallen. Es geht um eine Frau, die sich dem König anbietet. Dabei hält sie immer ein Lächeln bereit. Ihre schlanke Figur und ihre langen braunen Haare scheinen dabei kein Nachteil zu sein. Obwohl sie vom Leibdiener des Königs eingeschult wird, dass sie niemals dem König den Rücken zeigen darf, passiert ihr dennoch das Malheur. Sie entschuldigt sich beim König, aber rückwärtszugehen, wie es Etikett am Hof wäre, das schafft sie nicht. The King is amused. Die Regisseurin Maïwenn war kurz vor dem Eröffnungsfilm der 76. Filmfestspiele von Cannes in die Schlagzeilen geraten, weil sie sich als „Me too“-Gegnerin geoutet hatte und die Freiheit der Belästigung hochhält. Es war und ist immer noch ein weiter Weg zum Feminismus, überraschenderweise auch für Frauen.
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    (Leander Caine)
    17.05.2023
    23:36 Uhr