Filmkritik zu Seneca

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  • Bewertung

    Shakespeare in Rough

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2023
    Mit „Seneca“ beschert uns Robert Schwentke ein zweistündiges Monologfeuerwerk der ungewöhnlichen Art. Warum das mitunter echt anstrengend, aber auch irgendwie spaßig ist, hier in meiner Kritik.

    Lucius Annaeus Seneca, kurz Seneca (John Malkovich) ist der persönliche Berater des Kaisers Nero, einem verwöhnten und unberechenbaren Tyrannen. Er genießt durchaus auch einige Privilegien, als aber der Kaiser seinen Tod anordnet, beginnt er über sein Vermächtnis nachzudenken…

    An irgendeinem Punkt sagt seine Frau zu ihm „ich bin doch schon viel zu müde für deine Rätsel“. Ebenso schreit ihn jemand an „du hast jetzt lange genug geredet, wir haben lange genug zugehört“. Besser könnte man das Erlebnis diesen Film zu sehen, nicht beschreiben. Man muss sich bewusst sein, dass man hier John Malkovich mehr oder weniger fast den ganzen Film über beim Monologisieren zuschaut und -hört. Ich hab eine relativ späte Vorstellung besucht, da war das natürlich noch auslaugender. Wenn man sich darauf einlassen kann, macht es mitunter sogar Spaß.

    Den hatte der Hauptdarsteller am Set vermutlich genauso, was ankommt. Wenn man also John Malkovich, dem die Rolle schlicht auf den Leib geschrieben zu sein scheint, gern dabei zusieht wie er sich komplett in seiner Rolle verliert, ist dies DER Film. Für alle anderen heißt es durchhalten, bis zwischen Senecas Auslebung seiner Theatralik, die eigentliche Rahmenhandlung vorangetrieben wird.

    Im Kern ist es die Geschichte eines Mannes, der mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert wird, und damit, was er der Welt hinterlassen will. Von der Furcht getrieben, in Vergessenheit zu geraten, verliert er sich in seiner Philosophie um es seinem großen Vorbild Sokrates gleich zu tun. Vom realen Seneca sind jedoch kaum Reden überliefert weswegen sich die Autoren hier ebenso austoben konnten.

    Bei der Darstellung des Nero als „Mr. President“, fragt man sich schon ob sich damit irgendwelche realen Personen angesprochen fühlen sollen. Der Einsatz einiger anachronistischer Elemente gibt einem dazu das Gefühl, dass hier eine etwas allgemeingültigere politische Satire betrieben wird. Besonders tief geht diese zwar nicht, allein schon weil Nero selbst, den restlichen Film über kaum noch auftritt; Tom Xander kostet die wenigen Szenen die ihm gegeben wurden aber in bester Manier aus.

    Man darf letztendlich gespannt sein, ob die komplette Übertriebenheit der Inszenierung „Seneca“ wie seinen Namenspatron davor bewahren kann in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
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    (Markus Toth)
    06.04.2023
    14:44 Uhr