Filmkritik zu Siebzehn

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  • Bewertung

    Siebzehn Jahr, blondes Haar

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Monja Arts Coming-Of-Age-Drama über die junge Paula und ihre Freunde ist eine für ihr Zielpublikum zurechtgeschnitte Achterbahn der pubertären Gefühle. Sie bietet eine nette Fahrt, aber keine, die man gleich noch einmal haben möchte. Das liegt einerseits an der Pubertät selbst. Sie ist ein prägendes Alter, das nur so vor offenen und hinuntergeschluckten Gefühlsausbrüchen strotzt, über das man unendlich viele Filme machen und schauen kann, aber sie ist auch eine Zeit, die man nie mehr wieder selbst durchleben will, und vor allem eine hormongestörte Haut, in der man nie wieder stecken möchte. Monja Arts Portrait eben dieser Pubertät macht es aber auch nicht gerade verlockender, sich noch einmal in diese Zeit der ersten erwachsenen Gehversuche hineinversetzen zu wollen.

    Das durch Teenie-Serien wie „Skins“ inspirierte Drehbuch von „Siebzehn“ spielt in einem Internat im Niederösterreichischen Lanzenkirchen und erzählt von dem komplizierten Liebesleben mehrerer Jugendlicher. Im Zentrum steht die lesbische Paula. Gespielt wird sie von der sympathischen Jungschauspielerin Elisabeth Wabitsch, die für diese Rolle sehr verdient den Max Ophüls Preis als beste Nachwuchsschauspielerin verliehen bekommen hat. Paula ist verliebt in ein Mädchen aus ihrer Klasse, die ihr zwar hin und wieder schöne Augen macht, aber einen Freund hat. Unglücklich verliebt und voller unerfüllter Sehnsucht lässt sich Paula stattdessen auf andere Liebschaften ein, die sich ihr in ihrem Internat bieten, unter anderem mit der intriganten Lilly.

    Die emotionale Seite der Geschichte ist schön inszeniert. Viele sehnsüchtige Blicke sagen mehr als tausend gestotterte Worte. Wir erinnern uns zu gut, wie das so war mit der ersten Liebe. Für die meisten von uns war es nicht leichter als für Paula und ihre Freunde.

    Besonders schön finde ich den offenen Umgang mit Paulas Homosexualität. Sie spricht mit ihren Freunden ganz normal über ihre Gefühle. Ob diese heteronorm sind oder nicht, scheint für diese keine Rolle zu spielen. Homosexualität nicht als Tabu auf der Leinwand zu sehen ist herrlich befreiend. Die Pubertät ist doch auch so schon schlimm genug.

    Die Story und ihre Charaktere gleiten jedoch oftmals in Teenie-Klischees ab, die wir schon längst satt haben sollten: das Internat als Schauplatz für Hormonstaus und -entladungen, Lilly als die Klassen-„Bitch“, pubertäre Hierarchien, Macho- und Loser-Typen, seifenopernartige Figurenkonstellationen und Wendepunkte.

    Vor allem negativ aufgefallen sind mir die erwachsenen Figuren in dem Film. Es gibt nur wenige, aber diese sind besonders schwach. Paulas Vater hat ein psychisches Problem und ist statt Hilfe mehr eine Erschwernis beim Erwachsenwerden seiner Tochter. Paulas ältere Schwerster (toll gespielt von Elisabeth Wabitsch echter Schwester Magdalena Wabitsch) ist auch keine Inspiration, sondern ein furchtbares, kreischendes, An-den-Haaren-Ziehendes, Unter-dem-Tisch-tretendes Klischee einer Schwester. Und auch Paulas Französisch-Lehrer, strotzt vor pubertärer Unsicherheit anstatt vor einer angemessenen Autorität. Das ist schade, denn ich finde, eine erwachsene Bezugsperson kann beim Heranwachsen manchmal ein wahres Wunder bewirken.

    Unter dem Strich, bildlich sehr schön gestalteter Film mit inhaltlichen Schwächen. Elisabeth Wabitsch spielt toll und lädt ein, sie im Auge zu behalten. Von ihrer Schwester Magdalena Wabitsch durfte man im Dialgonale Kurzfilmprogramm mehr sehen als ihn „Siebzehn“. Sie spielte nämlich die Hauptrolle in „Mathias“.
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    (Marina Ortner)
    04.04.2017
    20:50 Uhr
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