Nachdem letztes Jahr ein Film aus der Sektion „Special“ („She Came to Me“) außer Konkurrenz die Veranstaltung eröffnet hat, ist es dieses Jahr ein Wettbewerbsvertreter selbst, dem diese Ehre zu Teil wird. In der Literaturverfilmung „Small Things Like These“ von Tim Mielants erforscht ein irischer Familienvater die dunklen Geheimnisse eines örtlichen Konvents und lernt dabei auch etwas über seine eigene Vergangenheit. Frisch nach seiner Golden Globe Auszeichnung und Oscarnominierung ist dazu Cillian Murphy in der Hauptrolle zu sehen.
Auf einen Kontrahenten dürfte hierzulande wohl besonderes Augenmerk geworfen werden. Das Erfolgsduo Severin Fiala und Veronika Franz („Ich seh, ich seh“, „The Lodge“) präsentieren ihr neustes Werk „Des Teufels Bad“. Das Historiendrama basiert auf Gerichtsprotokollen aus dem 18. Jhdt und erzählt die vergessene Geschichte einer Frau, die aus ihrem erdrückenden Umfeld auszubrechen versucht. Nur zu welchem Preis?
Ich konnte auf dem letztjährigen Slash Filmfestival bereits einen vielversprechenden ersten Eindruck erhaschen und erwarte den Film ebenfalls heiß.
Als Koch gilt ein besonderes Interesse meinerseits natürlich „La Cocina“ von Alonso Ruizpalacios und u.a. mit Rooney Mara, in dem es um ein New Yorker Restaurant geht in dem verschiedene Kulturen aufeinandertreffen.
Nachdem er im letzten Jahr außer Konkurrenz einen Film präsentierte, tritt Altmeister Hong Sang-soo mit seinem neusten Werk „A Traveler’s Needs“, in dem sich Isabelle Huppert in Korea als Französischlehrerin über Wasser zu halten versucht, wieder an.
Die zwei rein deutschen Vertreter bilden „In Liebe, Eure Hilde“ von Andreas Dresen und „Sterben“ von Matthias Glasner. Der erstere erzählt von NS Widerstandskämpferin Hilde Coppi, die sich mit ihrem Mann Hans der „Roten Kapelle“ angeschlossen hatte und dafür mit ihrem Leben bezahlen musste. In letzterem spielt Lars Eidinger einen Dirigenten der wo er nur hinsieht mit dem Tod konfrontiert wird während er an seinem neuen Stück arbeitet.
Ein Dokument der Corona-Pandemie wird wohl „Hors du temps“ von Oliver Assayas werden. In dem Drama müssen zwei Brüder mit ihren Partnerinnen den Lockdown im gemeinsamen Elternhaus verbringen, was zu Spannungen führt.
In dieselbe Kerbe wie letztes Jahr mit „Mandodrome“ zu schlagen scheint „A Different Man“. In dem Psychothriller von Aaron Schimberg geht Sebastian Stan als besessener Schauspieler vielleicht ein wenig zu weit um eine Rolle zu bekommen. Und dann noch weiter, als er sie nicht bekommt.
Der zweite knallharte Thriller erwartet uns wohl in der schwedisch-dänischen Produktion „Sons“ von Gustav Möller. Sidne Babett Knudsen mimt darin eine Gefängnisbeamtin die den Mörder ihres Sohnes zugeteilt bekommt.
In Pierro Messinas Science Fiction Drama „Another End“ holt Gael Garcia Bernal mithilfe einer neuen Technologie das Bewusstsein seiner verstorbenen Freundin zurück.
Zwei Dokumentationen gehen heuer ins Rennen. Wird möglicherweise eine davon den Erfolg von „Auf der Adamant“ wiederholen können? In „Dahomey“ verbindet die französische Regisseurin Mati Diop Fakt und Fiktion um die Geschichte von 26 Schätzen zu erzählen, die in der Kolonialzeit dem Königreich Dahomey in Benin geraubt wurden und beschäftigt sich mit deren Rückgabe. Und in der deutsch-französischen Koproduktion „Architecton“ geht Victor Kossakovsky der Frage nach, wie wir in Zukunft aufgrund der steigenden Überbevölkerung leben wollen.
Generell sind besonders viele internationale Koproduktionen dabei. Erneut ein Historiendrama, in der Form von „Gloria!“, beleuchtet die Geburt der Popmusik - in einem Kosterinternat im Venedig des 18. Jhdts. Mit „L'Empire“ sollten Science-Fiction-Fans ebenfalls auf ihre Kosten kommen, wenn die Bewohner eines französischen Fischerdorfes die Rückkehr eines bösen Feindes fürchten. Oder werden da die interplanetaren Ritter eingreifen?
In „Who Do I Belong To“ kehrt ein tunesischer Soldat aus dem Krieg in Syrien heim und bringt seine Mutter in eine missliche Lage. In „Shambhala“ reist eine Frau mit ihrem Pferd durch das Himalaya Gebirge auf der Suche nach einem ihrer Ehemänner. „My Favourite Cake“ erzählt von einer alternden Frau, die sich endlich ihre langen Wünsche erfüllen möchte, selbst wenn der iranische Staat etwas dagegen haben mag. In „Langue Étrangère“ verliebt eine Jugendliche Gefühle für ihre Brieffreundin entwickelt. Ebenfalls romantisch wird es in „Black Tea“ wenn eine junge Ivorerin nach Asien auswandert und sich dort in einen älteren chinesischen Mann verliebt. Und etwas verrückt wird es in „Pepe“ als der Geist eines in Kolumbien getöteten Nilpferds zurückkehrt, in einer Allegorie über Diktatur.
Berlinale Competition 2024
Another EndI/F/UK 2024, Regie: Piero MessinaArchitecton
D/F 2024, Regie: Victor KossakovskyA Different Man
USA 2024, Regie: Aaron SchimbergA Traveler’s Needs
Südkorea 2024, Regie: Hong Sang-sooBlack Tea
F/LUX/TW/ MRT 2024, Regie: Abderrahmane SissakoDahomey
F/SN/BEN 2024, Regie: Mati DiopDes Teufels Bad
Österreich 2024, Regie: Severin Fiala, Veronika FranzGloria!
I/CH 2024, Regie: Margherita VicarioHors du temps
Frankreich 2024, Regie: Olivier AssayasIn Liebe, Eure Hilde
Deutschland 2024, Regie: Andreas DresenMy Favourite Cake
D/F/S/ IR 2024, Regie: Maryam Moghadam, Behtash SanaeehaL'Empire
D/I/F/ B 2024, Regie: Bruno DumontLa Cocina
USA/Mex 2023, Regie: Alonso RuizpalaciosLangue Étrangère
D/F/B 2024, Regie: Claire BurgerPepe
Dominikanische Republik 2024, Regie: Nelson Carlo de Los Santos AriasShambhala
USA/F/HK/ Nor/Tür/TW/ QA/NEP 2024, Regie: Min Bahadur BhamSmall Things Like These
USA/IRL/B 2024, Regie: Tim MielantsSterben
Deutschland 2024, Regie: Matthias GlasnerSons
S/DK 2024, Regie: Gustav MöllerWho Do I Belong To
F/CAN/Nor/ SA/TN/QA 2024, Regie: Meryam Joobeur
Wieder ein sehr diverses und äußerst interessantes Teilnehmerfeld. Man darf gespannt sein, wer am Ende mit dem Preis nach Hause fahren darf.