Bilder: Constantin Film, Studio Canal Fotos: Constantin Film, Studio Canal
  • Bewertung

    Die metaphorische Ausformung metaphysischer Fragen

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    Wer sich freiwillig in ein Kino setzt, in dem ein Film von Terrence Malick gezeigt wird, dem sei gleich vorweg einmal gratuliert. Zum Einen für das Interesse an einem der schwierigsten Filmemacher unserer Zeit. Seine Filme wirken entweder so bedeutungsvoll, dass sie vor lauter Bedeutung am Ende nicht mehr wissen, welche es denn eigentlich gewesen war oder sie sind scheinbar bedeutungsleer, denn zwischen den einzelnen Szenen lässt sich kein Zusammenhang feststellen. Zum anderen ist jedem, der einen solchen Film bis zum Ende aufmerksam auf sich wirken lässt, Respekt für die Belastbarkeit zu zollen. Terrence Malick macht es seinem Publikum nämlich wirklich nicht leicht. Chronologie, Dramaturgie, Wendepunkte – so etwas kennt er in seinen Filmen nicht. Statt dessen unternimmt er so etwas wie die metaphorische Ausformung metaphysischer Fragen, er kleidet das, was uns Menschen letzten Endes am meisten bewegt in das Kleid von Bildern, die für sich selbst stehen. Ähnlich einer Fotoausstellung, in der man die Bilder betrachtet und dann merkt, was sie in einem auslösen, ist auch sein neuester Film wie eine Reihe von Fotos aufgebaut. Manche Motive kehren immer wieder, sind nur mit anderen Personen besetzt, so wie manche Situationen in unserem Leben immer wiederkehren, auch wenn der persönliche Kontext ein völlig anderer zu sein scheint. Jede Chronologie scheitert an diesem Film, denn Elemente der einzelnen Ereignisse tauchen immer wieder auf, sind zwischendurch eingestreut und versetzt zu den übrigen Szenen eingebaut. Sie wirken wie Blitzlichter aus der Erinnerung, wie vorlaute Gedanken kurz vor dem Einschlafen, die sich ins Bewusstsein drängen. Und über diesem Rausch an Bildern haucht der Regisseur philosophische Gedanken zur menschlichen Existenz im Off darüber, gemischt mit Zitaten religiöser und philosophischer Werke der Weltliteratur. Lose hängen sie zusammen, drei Sätze später hat man aber schon wieder vergessen, was zuvor gesagt wurde. Er entkoppelt die gezeigte Szene und die Dialoge sowohl personal, örtlich und zeitlich und gibt sie damit dem Verdautwerden durch unser Unterbewusstsein frei.

    „Knight Of Cups“ ist ein Film, aus dem man eigentlich während der Vorstellung immer wieder hinausgehen will, weil man die Reize der Bilder und das Gelaber aus dem Off irgendwann satt bekommt oder sich wünscht, den Ton ausschalten oder eine Pause einlegen zu können. Wenn man ihn sich zu Ende angesehen hat, bemerkt man aber zugleich, wie stark seine Nachwirkung ist und wie viel an Emotionen, Gedanken und Nachdenkprozesse er im Kopf ausgelöst hat, die lange nach dem Verlassen des Kinosaales noch nachwirken. So eine Erfahrung macht man im Kino nicht oft. Aber um sie wirklich genießen zu können, muss man sie machen wollen.
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    (Markus Löhnert )
    09.02.2015
    08:42 Uhr
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