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  • Bewertung

    Warmen Talking

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2023
    Kein Schlachtengetummel. Keine Soldatenschicksale. Kein Kitsch. Und trotzdem (oder gerade deswegen) eines der effektivsten Kriegsdramen aller Zeiten.

    1973, Israel am Jom Kippur. Die Nachbarländer Syrien und Ägypten bereiten sich auf einen militärischen Angriff vor. Mittendrin steht die Ministerpräsidentin Golda Meir, mit der Last einer Nation auf ihren Schultern…

    „Golda“ fühlt sich beinahe an, wie eine extrem aufwändig produzierte History-Channel-Dokumentation. Und zwar im besten Sinne. Zwischen die Haupthandlung, die ausschließlich im War Room stattfindet, gesellen sich einige Archivaufnahmen des realen Konflikts (in die sogar teilweise „Forrest Gump“-artig Helen Mirren eingefügt wurde). Die Kampfhandlungen bekommen wir bis auf eine Ausnahme nur über Funk mit. Man sagt ja, die Imagination ist schlimmer als was das Auge sieht. Das Flehen, Klagen und die Schreie der Soldaten, wirken dadurch um einiges intensiver, als es jede Actionszene je vermitteln könnte.

    Die einzige Sequenz, die näher am Konflikt dran ist, holt einen dann seltsamerweise am meisten heraus und zieht das Gesamtwerk etwas hinunter. Erzählerisch hat sie kaum bis wenig Relevanz und das eingesetzte CGI ist leider nicht überzeugend.

    Generell schien nämlich der Anspruch zu sein, eine möglichst wahrheitsgetreue Chronik der Ereignisse wiederzugeben. Es wird nichts geschönt und die Präsidentin mit all ihren Verfehlungen (inklusive ihrem exzessiven Zigarettenkonsum) gezeigt. Von der ersten Minute an lässt einen die Inszenierung aber das Gewicht spüren, dass auf ihr lastet. Da der Konflikt insgesamt ja auch „nur“ knapp über zwei Wochen gedauert hatte, musste die Geschichte vermutlich weitaus weniger komprimiert werden, was die Umsetzung in ein filmisches Setting sicher erleichterte und die Dramatik erhöht. Der Film erlaubt ihr auch Fehler zu machen, die Konsequenz bekommen wir meist gleich mit. Doch auch ihre Hingabe im Einsatz für ihr Volk wird im selben Maße gewürdigt. So entsteht eine komplexe Figur, wie sie eben nur das Leben selbst schreiben kann.

    Der Film hätte leicht in eine „Frau muss sich gegen all die bösen, sturen Männer durchsetzen“-Richtung abdriften können, es wurde aber getrost darauf verzichtet. Klar ist, sie respektiert ihren Beraterstab und dieser sie, denn allen ist bewusst: aus dieser Sache kommen sie nur gemeinsam raus.

    Und selbst ohne dicke Maske würde man Dame Helen Mirren wohl kaum wiedererkennen, die eine fantastische Performance in der Hauptrolle abgibt, ob sie nun um ihre Soldaten trauert, mit ihrer engsten Freundin plaudert oder einen amerikanischen Botschafter (ein auch äußerst erwähnenswerter Liev Schreiber) kommandiert.
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    (Markus Toth)
    16.03.2024
    15:09 Uhr