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    Auf den Spuren eines Klassikers

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    1979 schuf Ridley Scott mit „Alien“ einen Meilenstein des Science-Fiction- und Horror-Kinos, der sich seinen Platz in den Annalen der Filmgeschichte unumstritten verdient hat und Zuschauern noch heute das Fürchten lehrt.

    In der Dokumentation „Memory – The Origins of Alien“ widmet sich Filmemacher Alexandre O. Philippe dem 40 Jahre alten Meisterwerk und beleuchtet dabei nicht nur den Entstehungsprozess, sondern auch die Einflüsse und Inspirationen rundherum.

    Alt-Meister Sir Ridley Scott, der das Endprodukt inszenierte, wird abgesehen von ein paar Archiv-Interviews eher in den Hintergrund gerückt, während sich die Doku vielmehr auf den oft vergessenen Helden hinter „Alien“ fokussiert: Drehbuchautor Dan O'Bannon. Neben seiner Tätigkeit als Schreiber zeichnete er sich auch maßgeblich für die visuellen Effekte bei Sci-Fi-Klassikern wie dem ersten „Star Wars“ und eben „Alien“ verantwortlich. Die Idee zu Letzterem fand wenige Jahre, nachdem der Drehbuchautor an John Carpenters Sci-Fi-Komödie „Dark Star“ mitarbeitete, ihren Ursprung. O'Bannon war daran interessiert, einen Horrorfilm über die Besatzung eines Raumschiffs, das von einer tödlichen außerirdischen Lebensform infiltriert wird, zu drehen – im Gegensatz zu „Dark Star“ jedoch mit völlig ernstem Ton. Der 29-seitige Erstentwurf trug noch den Titel „Memory“, den nun auch Philippe für seine hochspannende Behind-the-Scenes-Doku in Anspruch genommen hat.

    Wie bereits erwähnt handelt es sich bei „Memory – The Origins of Alien“ jedoch um keine schlichte Making-Of-Doku, sondern eine dokumentarische Auseinandersetzung mit O’Bannons Einflüssen, dem Erbe des Sci-Fi-Meisterwerks, dessen spannender Mythologie und noch vielem mehr. Dabei findet natürlich auch der 2014 verstorbene Schweizer H. R. Giger Beachtung, der einst den erschreckenden Xenomorph entwarf und auch für das restliche fantastische Design des Films verantwortlich war. Wie man der Dokumentation entnehmen kann, wurden Gigers visuelle Entwürfe für die Kreaturen maßgeblich von alt-ägyptischer Ikonographie beeinflusst. Auch die Inspirationsquellen, die O’Bannon zur ursprünglichen Idee verhalten, werden in der Doku beleuchtet – egal ob nun griechische Mythen oder Gemälde des Künstlers Francis Bacon.

    Ab und an wirkt das alles etwas sprunghaft aufgestaffelt, und man bekommt den Eindruck, als wollte man zu viel Informationsgehalt, der nicht mal immer miteinander zusammenhängt, in eine einzige knapp eineinhalb-stündige Dokumentation unterbringen. So wird versucht, O’Bannons Einflüsse, Ridley Scotts Zugang zum Projekt oder auch die feministische Interpretation des Sci-Fi-Klassikers binnen kürzester Zeit abzuhandeln.

    Gegen Ende wird die Doku jedoch wieder etwas fokussierter und es werden spannende Einblicke in die Entstehung der bis heute schockierenden „Chest burster“-Szene, dem vermutlich essentiellsten Schlüsselmoment ins Scotts 79er-Meisterwerk, gewährt. Besonders amüsant ist hierbei ein Vergleich zum 2017 erschienenen „Alien: Covenant“, in dem sich Ridley Scott selbst an einer Neugestaltung seiner hauseigenen „Chest burster“-Sequenz widmete und trotz ausgefeilter Technik ironischerweise weit weniger Effekt damit erzielte als im Original.

    Zusammengefasst kann man sagen, dass man durch Alexandre O. Philippes „Memory – The Origins of Alien“ zwar wenige neue Erkenntnisse über den bahnbrechenden Sci-Fi-Schocker gewinnen wird, aber Cineasten und Liebhabern von Scotts Film dennoch gutgemachtes und unterhaltsames Infotainment serviert wird.
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    (Christian Pogatetz)
    26.09.2019
    08:22 Uhr