Filmkritik zu Eva

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Langweiliges Erotikdrama

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2018
    Ein französisches Drama mit Isabelle Hupert als Objekt der sexuellen Begierde. Klingt eigentlich ganz vielversprechend. Was Regisseur Benoit Jacquot letztendlich aber abliefert ist ein unausgeglichenes Chaos an Plot, Charakteren und Sinnhaftigkeit, was zusätzlich durch die schlampige Inszenierung unterstrichen wird.

    Sexarbeiter Bertrand (Gaspard Ulliel) landet eines Abends bei einem älteren Kunden, den schwulen Theaterautor Regis (Richard Berry). Die Aussicht, nackt mit Bertrand in der Badewanne zu sitzen ist zu viel für dessen Herz, er stirbt an einem Herzinfarkt. Bertrand, ein zwielichtiger Egomane, nimmt dessen kürzlich fertig gestelltes Skript „Passwörter“ daraufhin mit und veröffentlicht es unter eigenen Namen. Ein paar Monate später ist Bertrand ein gefeierter Autor mit attraktiver Verlobten und einem ehrgeizigen Manager. Der wartet bereits ungeduldig auf das nächste Stück das Bertrand natürlich nicht liefern kann. Als er sich für ein Wochenende zum Schreiben in die Berge zurückziehen will, kreuzen sich seine Wege mit der Edelprostituierten Eva (Isabelle Hupert). Fasziniert von ihr, beginnt er sich immer wieder mit Eva zu treffen und alle Konversationen niederzuschreiben, in der Hoffnung diese in ein neues Stück umwandeln zu können.

    Basierend auf James Hadley Chases 1945 erschienenem Buch „Eva“, wagte sich Regisseur Jacquot an seine erste Romanverfilmung. Sein Versuch, die zwielichtigen Charaktere in einem erotischen Milieu aufeinander loszulassen und so Spannung zu schaffen geht nicht auf. Ulliel bringt das Arschloch in seinem Charakter zwar ausreichend zum Vorschein, bleibt aber sonst als Hauptfigur äußerst blass. Huppert scheint keinen besonderen Zugang zur Rolle gefunden zu haben, sie spielt sich nach einem uneindeutigen Schema F. Diese mysteriöse Frau, von der Bertrand so fasziniert ist, sie ist nicht. Dafür verratet die Handlung letztendlich zu viel über sie. Sobald die Perücke und die Peitsche wieder im Schrank ruhen, verwandelt sich Eva in die liebende Ehefrau, die sich mit einem etwas bizarren Freier herumschlagen muss.

    Ebenso unausgegoren sind auch andere Handlungsstränge und Charakterentwicklungen. So etwa Bertrands Manager, der Eva persönlich kennen lernen will. Nach seinem Abstecher in ihr Haus und einem Gespräch zwischen den beiden wird dieses Treffen nie wieder erwähnt. Bertrands Verlobte Caroline (Julia Roy) kreiert wenig Sympathie mit ihrem ständigen Aufmerksamkeitsbedürfnis und ihrer Eifersucht. Doch das dramaturgische Hauptproblem ist die Tatsache, dass sich die Handlung irgendwann komplett verliert und die Geschichte keinem klaren roten Faden mehr folgt. Da hilft es auch nicht, dass die visuelle Inszenierung wenig mehr zu bieten hat. In der Manier eines Home Videos wackelt die Kamera oft unkoordiniert durchs Bild, kollidiert fast mit Wänden und lässt den Zuschauer zweifeln, ob es Soderberghs Film war der mit Handy gedreht wurde oder dieser.

    Zu loben dagegen ist die Entscheidung Jacquots, auf plastische Erotik zu verzichten. Das Machtverhältnis und die Psychospiele zwischen Eva und Bertrand bieten mehr Spannung als jegliche durchchoreographierte Sexszene. Es ist eine düstere Form von Erotik, die die gediegene Huppert ohne sonderliche Anstrengung noch ausstrahlen kann. Ulliel kann hier schauspielerisch bei weitem nicht mithalten. Aber weder er noch Huppert hätten bei diesem Film noch viel retten können. Unter all dem potenziellen Drama steckt im Endeffekt nur viel heiße Luft und Langeweile.
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    (Susanne Gottlieb)
    31.03.2018
    23:43 Uhr
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