Bilder: filmdelights Fotos: filmdelights
  • Bewertung

    Ein Film auf der Suche nach seinem Sinn

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Zwei Welten sind es, die Regisseur Ronny Trocker in diesem Film gegenüberstellt. Einerseits das Eremiten-Dasein auf alten Bergbauernhöfen, die wirken, als wäre die Zeit hier vor rund 100 Jahren stehen geblieben, andererseits die ebenso harte Realität im Tal, wo menschlicher Unwirsch, soziale Konflikte aber auch romantische Hoffnungen an der Tagesordnung stehen.

    Trocker bezieht keine Seite, sowohl der Berg als auch das Tal sind eine minimale Ausbeute einer Schwarz-Grau Farbpalette, mit der er großzügig Filmkader um Filmkader tüncht. Düster ist es in diesem Südtiroler Tal. Die Bergwelt, durch die sich Albert in oft beeindruckenden Aufnahmen quält um den elterlichen Hof zu erreichen, hat etwas bedrohliches, monumentales. Auch wenn es im Film wenig behandelt wird, der Zuschauer versteht, der Hof ist in einer Naturkulisse verankert, die jederzeit bereit ist ihre Eindringlinge erbarmungslos zu verschlucken.

    Die Optik des Films mag somit stimmen, das Storytelling hapert aber leider im Endeffekt. Trocker folgt der Inszenierungsstrategie der lang andauernden Totalen, in der die Handlung durch die Aktionen der Figuren, die sich durch das Bild bewegen, gesetzt wird. Der Dialog ist minimalst angelegt, Exposition sucht man vergeblich. Das alles ist zwar dramaturgisch durchaus gerechtfertigt, vor allem da der Film etwas später doch noch ein wenig Tempo entwickelt, jedoch zieht sich der Streifen, die 110 Minuten Laufzeit fühlen sich fast doppelt so lang an.

    Das geht Hand in Hand mit dem anderen Problem des Films. Auch wenn der „Berg versus Tal“ Konflikt sehr deutlich präsentiert wird, erschließt sich einem als Zuschauer nicht der Sinn des Films. Der innere Konflikt Alberts ist quasi nicht präsent. Auch wenn seine Lovestory im Dorf etwas mau ausgeführt ist und die Bergarbeiter Rassismus und Hänseleien offen raus lassen, das Gefühl, dass dieses Kind zweier Welten zwischen ihnen gefangen ist, entwickelt man nicht. Diese Info ergibt sich allein aus der Inhaltsbeschreibung in der Broschüre. Albert wirkt zufrieden mit seinem Leben. Die Art, wie die Handlung hier plötzlich umschlägt und seine Mutter, die zu Beginn noch wie eine gemeine Tyrannin wirkt und nun alles dafür tut damit er mit seinem Leben im Tal weitermacht, wirkt ein bisschen zu sehr aus der Luft gezogen. Die Gründe sind da, ihr Legitimität schwächelt jedoch.

    Wer gerne in eine düstere Parallelwelt in den Südtiroler Alpen eintauchen will, dem wird dieser Film gut gefallen. Besonderes Augenmerk gilt der schauspielerischen Leistung Ingrid Burkhardts, die ihrer Mutter Marianne in einer Minute aggressive Dominanz, und in der nächsten wieder zärtliche Einfühlsamkeit verleiht. Ansonsten haben gilt hier die Devise „art, but little substance“.
    susn_15a35adfde.jpg
    (Susanne Gottlieb)
    02.04.2017
    20:01 Uhr
    Meine Top-Filme: