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  • Bewertung

    Isabelle Huppert spielt fantastisch!

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    „L’avenir“ war einer dieser Filme, auf den ich mich persönlich schon wahnsinnig gefreut habe, da bisher jeder Film von der Regisseurin Mia Hansen-Løve überzeugen konnte. Glücklicherweise kann man das auch von diesem Film behaupten.

    Der Mittelpunkt des Films ist Nathalie, großartig gespielt von Isabelle Huppert. Eigentlich führt sie ein relativ erfülltest Leben: Sie liebt ihre Arbeit als Philosophielehrerin, veröffentlicht philosophische Texte in einem kleinen Verlag und hat einen Ehemann plus zwei Kinder an ihrer Seite. Sie ist beliebt bei ihren Schülern und auch ihr ehemaliger Schüler Fabian (Roman Kolinka), der für Natalies Verlag ebenfalls Texte schreibt, hegt noch tiefen Respekt und Bewunderung für sie. All das gerät jedoch aus den Fugen, als ihr Ehemann Heinz (André Marcon) beschließt mit einer anderen Frau zusammenzuziehen. Natalie steht nun eine Freiheit bevor, die sie gar nicht kennt und mit der sie erst lernen muss umzugehen.

    „L’avenir“ kreiert mit Natalies Figur ein sehr selbstbewusstes Frauenbild, mit dem man sich gerne identifizieren möchte. Die Nachricht über die Affäre ihres Ehemanns nimmt die Protagonistin überraschend gelassen auf: Sie macht kein Theater oder unnötiges Drama, sie findet sich mit der Tatsache ab und versucht nach einem Weg zu finden mit ihrem Leben fortzufahren. Als Philosophielehrerin hat sie durchaus kritische Ansichten über die Welt, die sie den Menschen in ihrer Umgebung mitteilt. Dieser Charakter hat derart intellektuelle Weltanschauungen, dass man ihn auch als Kinozuschauer sehr bewundert. Zu ihrer possessiven Mutter (Edith Scob) pflegt sie ebenfalls eine gute Beziehung, obwohl diese Frau wirklich nicht einfach zu ertragen ist.

    Die Tatsache, dass Natalie wegen der Trennung von ihrem Mann weder in Depression noch in Selbstmitleid versinkt, macht sie als Charakter nur noch stärker. Sie verbleibt in einer respektvollen Beziehung zu Heinz, ist ihren Kindern eine gute Mutter und ihren Schülern ein tolles Vorbild. Doch Gott sei Dank hat diese scheinbar perfekte Figur ebenfalls ihre Ecken und Kanten, ansonsten würde sie ja gar nicht glaubhaft wirken. In Momenten, wo sie sich unbeobachtet fühlt, gibt sie sich ihren Gefühlen hin und weint sich in den Schlaf. Die Wahrheit ist nämlich, dass sie sich manchmal überfordert fühlt und auch sehr einsam ist. Diese Momente der Schwäche erleichtern es dem Kinozuschauer jedoch umso mehr, mit Natalie zu sympathisieren.

    Besonders schön fand ich die Geschichte um Natalie und Fabian herum. Es war eine wunderbare Freundschaft, die mitzuerleben richtig Freude machte. Fabian ist ebenfalls ein sehr sympathischer Charakter, den man gleich ins Herz schließt. Manchmal fragt man sich jedoch, ob sich Natalie und Fabian eigentlich nicht zueinander hingezogen fühlen, aber die Antwort auf diese Frage muss sich der Zuschauer selber geben, denn im Film passiert nichts Intimeres zwischen den beiden.

    Alles in allem handelt es sich bei „L’avenir“ um ein gelungenes Drama mit einer fantastischen schauspielerischen Leistung von Isabelle Huppert. Könnte die „Queen of Cannes“ heuer einen silbernen Bären bekommen? Keine Schauspielerin war nämlich öfter in Cannes Filmen vertreten und hat mehr Preise bekommen. Man darf gespannt sein!
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    (Sumaiya Akhter)
    15.02.2016
    21:40 Uhr
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