The Imitation Game

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Forumseintrag zu „The Imitation Game“ von barry egan


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barry egan (13.02.2015 21:14) Bewertung
Sheldon Cooper bastelt sich im Club der toten Dichter einen PC
Wie kann man das nur so vergeigen? Es liegt doch auf der Hand: Alan Turing gegen Enigma lautet das eine Match und das zweite: die englische Gesellschaft der 40er/50er Jahre gegen den Homosexuellen. Um uns arme, dumme Zuseher nicht mit Themen abseits des Mainstreams zu überfordern, wird aber nicht einmal die Funktionsweise der Enigma erklärt (dass sich die Walzen bei jedem Tastendruck weiterdrehen, was der Clou der Sache ist), Mathematiker reden von „Millionen Millionen Millionen“ möglichen Kombinationen, und man konzentriert sich dem Massengeschmack zuliebe auf eine unbedeutende Randnotiz in diesem explosiven Stoff: die (hauptsächlich professionelle) Beziehung zwischen Alan Turing und Joan Clarke. Der Fokus liegt also auf der aufgebauschten Mann/Frau-Beziehung, Turings Homosexualität wird hingegen nur in einer platonischen „Ach wie süß, die unschuldig aufkeimende Liebe“-Schülerfreundschaft ins Bild gesetzt. Man hätte aber sehr gerne gesehen, ja hätte sehen müssen, wie der Umgang mit seinen jungen Gespielen war, denn Cumberbatchs Darstellung von Turing als egomanes, zwänglerisches, stotterndes Asperger-Anschauungsobjekt macht eher glaubhaft, dass er an Sex (wie Sheldon Cooper) kein Interesse hat. Eine von vielen verschenkten Chancen.
Bezeichnend für das schwache Skript auch, mit welchem glücklichen „Geistesblitz“ die Enigma nach Jahren fruchtloser Dekodierarbeit angeblich geknackt wird. Für wie dumm hält uns dieser Film eigentlich? Jedes blutige Anfängerteam wird vom ersten Tag an seine Dechiffrierangriffe darauf aufbauen.
Bei den Außenaufnahmen laufen die Statisten alle brav in zeitgenössischer Kleidung herum, man verliert aber nie das Bewusstsein, dass das nur verkleidete Leute in Kulissen sind und vor einer Sekunde jemand „aaand – action!“ gerufen hat.
In der deutschen Fassung ist in einer Texteinblendung am Ende von „Allan“ Turing die Rede. Stümperhaft. Und da Engländer sich gewählt und kapriziös ausdrücken, fragt einer aus dem Team „Ist er nicht wonnig?“
Zusammenfassend: Mediokre Konfektionsware, die einen großen tragischen Stoff liegen lässt und stattdessen mit einem romantischen Melodram ihr Thema verfehlt. Und so was wird als bester Film Oscar-nominiert ...
 
 

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