9 Einträge
18 Bewertungen
83.1% Bewertung
  • Bewertung

    Genie und Homo

    Natürlich drängt sich der Vergleich zum Vorläufer ENIGMA von Michael Apted auf, der lediglich einen Spionageabwehrfilm des 2. Weltkrieges gemacht hatte. Auch recht spannend, aber doch eher etwas eindimensional. Da steht eine Liebesgeschichte im Vordergrund. Es ist kein echtes Biopic. Strenggenommen ist es Tyldums Film auch nicht. Er kreist um drei Themenkomplexe. Neben der Enigma-Story thematisiert er nicht nur die Homosexualität des Genies Alan Turing (außerordentlich Benedict Cumberbatch), sondern vertieft die Problematik, indem er das komplizierte Verhältnis zu Joan Clarke (Keira Knightley) seiner Verlobten, herausarbeitet. Beide verstehen sich in ihrer gemeinsamen Genialität. Ihr Besuch bei ihm am Ende des Films ist einer der tragischen Höhepunkte. Turing wurde einer Hormontherapie unterzogen, bevor er sich das Leben nahm. Im Abspann kommt der Hinweis, dass Homosexualität damals strafbar war.
    Zuvor gab es noch eine zweite entscheidende Erkenntnis und zwar die, dass er die Dechiffriermaschine nicht gleich einsetzen wollte, weil dann ja die Deutschen wüssten, dass England Enigma hat und ihre Nachrichten anders formulieren würden. So scheint es zunächst, dass die Arbeit der letzten Jahre anscheinend umsonst gewesen war. Das geht dann in Richtung lancierte Falschmeldungen (Fake News). Zwischen vielen falschen Meldungen versteckt sich die richtige.
    Als drittes Phänomen kommt die gottähnliche Stellung der Wissenschaftler in Bletchley Park zur Sprache. Da kommen Bitten und Wünsche auf, weil der eine oder andere Verwandte bei der kämpfenden Truppe hat und dessen Einheit durch Vorwarnung gerettet werden könnte. Und bei aller Tragik sind die Dialoge so geschliffen und teilweise so überdurchschnittlich witzig, dass sie wie ein Palliativ wirken und einen großartigen Film gekonnt abrunden.
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    23.12.2019
    12:21 Uhr
  • Bewertung

    Toller Spionagekrimi mit tragischem Ausgang

    Die Lebensgeschichte Alan Turings ist nicht nur aufgrund der bahnbrechenden Erkenntnisse seiner Forschung interessant, die die Grundlagen für unsere modernen Computer legte. Vielmehr ist sie auch die tragische Geschichte eines Menschen, der auf der sozialen und sexuellen Ebene anders tickte als seine Mitmenschen. Regisseur Tyldum gelingt es gut, die Balance zwischen diesen beiden Aspekten zu halten und dabei auch noch einen wirklich spannenden Spionagefilm aus der Zeit des zweiten Weltkriegs abzuliefern, wirklich herausragend an den ganzen Film ist aber die Leistung von Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle. Er hat sich mit akribischer Genauigkeit die Mimik und die Sprache Turings angeeignet und geht in seiner Figur förmlich auf. Alleine deswegen ist der Film schon höchst sehenswert.
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    18.11.2016
    22:00 Uhr
  • Bewertung

    Viktory... ach so nein, Christopher!

    Die große Frage die ich mir vor dem Film gestellt habe, war ob Benedict Cumberbatch zu sehr Sherlock sein wird oder nicht. Da die Charaktere Turing und Sherlock doch meist sehr ähnlich dargestellt werden, wobei Sherlock natürlich um einiges devianter ist.
    Man merkt jedoch sehr schnell, das Cumberbatch die Rolle des Alan Turing anders spielt und
    Die Geschichte rund um die Arbeiten in Bletchley Park wird sehr angenehm erzählt. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Turing, es wird aber auch angedeutet, dass es neben ihm auch noch weitere Personen gibt. Man bekommt aber leider nie wirklich ein Gefühl dafür, wie viele Menschen wirklich dort gearbeitet haben.
    Turings persönliche Geschichte wird immer wieder durch Rückblenden in seine Schulzeit erzählt. Die Übergänge sind gut gewählt und die Episoden bringen einem die Person Turing ein wenig näher.
    In puncto geschichtlicher Genauigkeit hatten es die Autoren dann doch nicht ganz so genau. So wurde Turings Geschichte, zu Gunsten des Pathos, ein wenig verändert. Turings erste Maschine heißt daher im Film Christopher, benannt nach seinem ersten Freund, und nicht Viktory. Auch wurde zu einem Mitarbeiter ein Bruder erfunden, der sich angeblich auf einem Schiff befinde. Es gäbe noch mehrere Freiheiten, die sich die Autoren genommen haben, aber sie fallen generell kaum auf.
    Einziges Manko am Film ist, dass außer Alan Turing und Joan Clarke, die dargestellten Personen sehr flach wirken. Dennoch ist der Film sehr gut und absolut sehenswert.
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    23.02.2015
    20:06 Uhr
  • Bewertung

    Puzzle-Meister

    Alan Turing ist überzeugt davon, dass er den Code der ENIGMA knacken kann, engagiert vom MI6 arbeitet er als Einzelgänger bis er sich mit Joan Clarke anfreundet, die ihm hilft im Team endlich Fortschritte zu machen.

    Alan Turing, Erfinder der Turing-Maschine, mittlerweile allseits bekannt als Computer, lebt in einer Zeit, in der er zwar für seine Arbeit Anerkennung findet, aber seine Sexualität geheim halten muss - als Homosexueller droht ihm Gefängnis. Sein Intellekt und seine Errungenschaften machen ihn zu einem der wichtigen Wissenschaftler des letzten Jahrhunderts, dabei wurden seine Verdienste über Jahrzehnte verschwiegen, da sie unter strengster Geheimhaltung standen.

    Ein faszinierender Film, der eine konstante Spannung halten kann. Man bekommt Einblicke in das Leben von Turing: Seine Schulzeit, seine Zeit im Dienste des Militärs und die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Ohne Pathos wird hier von einem brillianten Mathematiker erzählt, der seine Gefühle immer verstecken muss. Sachlich passiert die Arbeit für das Militär, gefühlsbetonter sind die Rückblenden.

    Schauspielerisch zeigt Benedict Cumberbatch wie üblich sein Können, auch Keira Knightey beweist ihr Talent.

    Ein wunderbarer Film, der die richtige Balance findet und sich nicht auf das offensichtliche konzentriert und damit sehr bewegt.
    ohhoney_0ded0e006c.jpg
    22.02.2015
    22:08 Uhr
  • Bewertung

    Genie und Homo

    Natürlich drängt sich der Vergleich zum Vorläufer ENIGMA von Michael Apted auf, der lediglich einen Spionageabwehrfilm des 2. Weltkrieges gemacht hatte. Auch recht spannend, aber doch eher etwas eindimensional. Da steht eine Liebesgeschichte im Vordergrund. Es ist kein echtes Biopic. Strenggenommen ist es Tyldums Film auch nicht. Er kreist um drei Themenkomplexe. Neben der Enigma-Story thematisiert er nicht nur die Homosexualität des Genies (außerordentlich Benedict Cumberbatch), sondern vertieft die Problematik, indem er das komplizierte Verhältnis zu Joan Clarke (Keira Knightley) seiner Verlobten, herausarbeitet. Beide verstehen sich in ihrer gemeinsamen Genialität. Ihr Besuch bei ihm am Ende des Films ist einer der tragischen Höhepunkte. Turing wurde einer Hormontherapie unterzogen, bevor er sich das Leben nahm. Im Abspann kommt der Hinweis, dass Homosexualität damals strafbar war.
    Zuvor gab es noch eine zweite entscheidende Erkenntnis und zwar die, dass er die Dechiffriermaschine nicht gleich einsetzen wollte, weil dann ja die Deutschen wüssten, dass England Enigma hat und ihre Nachrichten anders formulieren würden. So scheint es zunächst, dass die Arbeit der letzten Jahre anscheinend umsonst gewesen war. Das geht dann in Richtung lancierte Falschmeldungen. Zwischen vielen falschen Meldungen versteckt sich die richtige.
    Als drittes Phänomen kommt die gottähnliche Stellung der Wissenschaftler in Bletchley Park zur Sprache. Da kommen Bitten und Wünsche auf, weil der eine oder andere Verwandte bei der kämpfenden Truppe hat und dessen Einheit durch Vorwarnung gerettet werden könnte. Und bei aller Tragik sind die Dialoge so geschliffen und teilweise so überdurchschnittlich witzig, dass sie wie ein Palliativ wirken und einen großartigen Film gekonnt abrunden.
    8martin_ea7f49f0f3.jpg
    17.02.2015
    11:10 Uhr
  • Bewertung

    Sheldon Cooper bastelt sich im Club der toten Dichter einen PC

    Wie kann man das nur so vergeigen? Es liegt doch auf der Hand: Alan Turing gegen Enigma lautet das eine Match und das zweite: die englische Gesellschaft der 40er/50er Jahre gegen den Homosexuellen. Um uns arme, dumme Zuseher nicht mit Themen abseits des Mainstreams zu überfordern, wird aber nicht einmal die Funktionsweise der Enigma erklärt (dass sich die Walzen bei jedem Tastendruck weiterdrehen, was der Clou der Sache ist), Mathematiker reden von „Millionen Millionen Millionen“ möglichen Kombinationen, und man konzentriert sich dem Massengeschmack zuliebe auf eine unbedeutende Randnotiz in diesem explosiven Stoff: die (hauptsächlich professionelle) Beziehung zwischen Alan Turing und Joan Clarke. Der Fokus liegt also auf der aufgebauschten Mann/Frau-Beziehung, Turings Homosexualität wird hingegen nur in einer platonischen „Ach wie süß, die unschuldig aufkeimende Liebe“-Schülerfreundschaft ins Bild gesetzt. Man hätte aber sehr gerne gesehen, ja hätte sehen müssen, wie der Umgang mit seinen jungen Gespielen war, denn Cumberbatchs Darstellung von Turing als egomanes, zwänglerisches, stotterndes Asperger-Anschauungsobjekt macht eher glaubhaft, dass er an Sex (wie Sheldon Cooper) kein Interesse hat. Eine von vielen verschenkten Chancen.
    Bezeichnend für das schwache Skript auch, mit welchem glücklichen „Geistesblitz“ die Enigma nach Jahren fruchtloser Dekodierarbeit angeblich geknackt wird. Für wie dumm hält uns dieser Film eigentlich? Jedes blutige Anfängerteam wird vom ersten Tag an seine Dechiffrierangriffe darauf aufbauen.
    Bei den Außenaufnahmen laufen die Statisten alle brav in zeitgenössischer Kleidung herum, man verliert aber nie das Bewusstsein, dass das nur verkleidete Leute in Kulissen sind und vor einer Sekunde jemand „aaand – action!“ gerufen hat.
    In der deutschen Fassung ist in einer Texteinblendung am Ende von „Allan“ Turing die Rede. Stümperhaft. Und da Engländer sich gewählt und kapriziös ausdrücken, fragt einer aus dem Team „Ist er nicht wonnig?“
    Zusammenfassend: Mediokre Konfektionsware, die einen großen tragischen Stoff liegen lässt und stattdessen mit einem romantischen Melodram ihr Thema verfehlt. Und so was wird als bester Film Oscar-nominiert ...
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    13.02.2015
    21:14 Uhr
  • Bewertung

    Sehr stark!

    Besonders zu Beginn macht der Film unheimlich Spaß, Benedict Cumberbatch und Charles Dance sind eine tolle Show und auch Matthew Goode ist ziemlich cool. Die Enigma-Story ist spannend und man kann gut mitfühelen, Desplats Score ist wunderbar auf dem Punkt. Höhepunkte waren für mich die Momente, in denen man die Ignoranz der Menschen gegenüber Turing am stärksten spürbar wird, sehr stark inszeniert. Leider wird der Film immer konventioneller und vorhersehbarer, je länger er dauert. Trotzdem absolute Empfehlung!
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    27.01.2015
    13:38 Uhr
    • Bewertung

      sherlock goes turing

      das bewerbungsgespräch zu beginn ist schon ein elektrisierendes ping-pong-spiel: turing, der jede phrase, jeden sarkasmus wörtlich nimmt und denniston damit zum wahnsinn treibt; die "einladung" zum lunch, die genau betrachtet nur die feststellung ist: "alan, wir gehen jetzt essen..." diese leicht autistischen züge, die cumberbatchs sherlock so erfolgreich gemacht haben - und der computersprache näher stehen als menschlicher kommunikation - werden auch hier genussvoll durchgespielt (egal ob biografisch belegt oder nicht).
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      27.01.2015
      20:05 Uhr
  • Bewertung

    mensch oder maschine?

    "alan turing wurde ausgeraubt, die polizei ermittelt" – für den MI6 offenbar eine nachricht von höchstem interesse... was hat der exzentrische mathematikprofessor mit der leeren kriegsakte zu verbergen?

    rückblende auf 1939: großbritannien hat soeben deutschland den krieg erklärt; das 27-jährige wunderkind, nach eigenen angaben "der beste mathematiker der welt", bewirbt sich an der government code and cypher school in bletchley park, um den code der deutschen chiffriermaschine "enigma" zu knacken. und sofort werden die fronten abgesteckt: für den unmittelbaren vorgesetzten denniston (charles dance), den verknöcherten vertreter des "großen systems", ist der geniale besserwisser nur ein "winziges zahnrädchen im getriebe", für den leiter des MI6 (mark strong) ist zusammenarbeit die conditio sine qua non: "if you don't play together, you may not play at all..."
    joan clarke (keira knightley), ebenfalls hochbegabt, aber als frau in einer männerwelt dazu gezwungen sich gesellschaftlichen normen anzupassen, übernimmt die rolle des dolmetschers, geistesgefährten und bindeglieds zum rest der mannschaft, denn: "sie werden dir nicht helfen, wenn sie dich nicht mögen."

    "the imitation game" aka der "turing test" bezieht sich auf ein altes gesellschaftsspiel: der spielleiter kommuniziert schriftlich mit zwei testpersonen und muss herausfinden, ob die antwort von einem mann oder einer frau stammt. turing macht daraus einen menschen und einen computer – egal, ob man der maschine nun die fähigkeit des "denkens" zugestehen mag oder nicht, entscheidend ist für ihn: kann man einen unterschied an der antwort erkennen? manchmal ist dabei auch "artificial stupidity" seitens der maschine gefragt – sich ein bissel dümmer zu stellen, um die erwartungshaltung zu erfüllen.

    auch turing beginnt, sich anzupassen, überlegt sogar, joan aus gesellschaftlichen gründen zu heiraten; als jahre später durch die polizeiermittlungen seine homosexualität aktenkundig wird und ihm wegen "grober unzucht und perversion" eine gefängnisstrafe droht, wählt er die chemische kastration – eine anpassung an gesellschaftliche zwänge, die den kern seiner persönlichkeit verbiegt und ihn letzlich zerstört...
    und turing fragt weiter: wenn man am ergebnis keine unterschiede mehr feststellen kann – wie relevant können unterschiede dann überhaupt sein?

    fazit: biopic, charakterstudie und spionagethriller über die tücken menschlicher und maschineller codes und die verheerenden folgen gesellschaftlicher zwänge – inszeniert mit leichtem retro-touch, überzeugenden ensembleleistungen (nicht zu übersehen: alex lawther als der junge turing, in einer herzzerreißenden sequenz), schönen bildern und einem individuelleren score als üblich von alexandre desplat. spannend, nachdenklich und unterhaltsam.
    r2pi_f4e09adb6c.jpg
    26.01.2015
    21:50 Uhr