Die anonymen Romantiker

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Forumseintrag zu „Die anonymen Romantiker“ von 8martin

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8martin (03.11.2015 19:53) Bewertung
Schüchtern mit Schokolade
Die beiden Hauptdarsteller dieser Romanze machen ihre Sache wirklich großartig. Isabelle Carré als Angélique, die etwas von der Herstellung von Schokolade versteht und Jean-René (Benoit Poelvoorde) als fast insolventer Schokoladenfabrikbesitzer.
Neben dem Interesse an dem ‘braunen Gold‘ haben sie noch etwas gemeinsam: sie sind extrem schüchtern. Viele Varianten dieser sogenannten ‘Krankheit‘ werden bis zum Slapstick durchgespielt. Stottern, Schluckauf, häufiges Hemdenwechseln, extreme Berührungsängste, sogar Ohnmachtsanfälle kommen vor. Ihr soll ein Stuhlkreis helfen, ihm ein Psychiater. Mit viel Charme und Einfühlungsvermögen wird das Thema abgehandelt. Da stört nicht einmal, dass beide gelegentlich etwas tun, was in französischen Komödien vorkommen kann: sie singen. Sie hat dabei so einen Touch von Mary Poppins (‘Ich verkauf die Sonne‘) und er von Yves Montand. Beim gemeinsamen Abendessen kommen sie sich näher, wonach sie sich gleich wieder trennen. Die Dialoge sind so voll daneben, dass sich schon wieder gut sind. Angélique hat sich Themen aufgeschrieben: Politik, Malerei und Champions League, die alle kein Gespräch zulassen, denn Jean-René hat von alledem keine Ahnung. Das Restaurant im Hotel leert sich. Sie: ‘Ich glaube wir sollten hochgehen‘, er: ‘Wie hoch?‘ Beide bleiben trotz ihres Handikaps liebenswürdige Zeitgenossen, deren Wirkung mit dem Schmelzen von Schokolade im Mund vergleichbar ist: leichtes Einspeicheln der süßen ‘Bombe‘ zwischen Zunge und Gaumen und eine Geschmacksexplosion erleben.
Dazu passt auch das Ende des Films: vor der kirchlichen Trauung flüchten die beiden an sozialer Phobie Leidenden in vollere Montur in die gemeinsame Zukunft. Warmherzig.
 
 

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