La La Land

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Forumseintrag zu „La La Land“ von Harry.Potter

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Harry.Potter (10.02.2017 09:51) Bewertung
Farbenfrohes Musical für Idealisten und Romantiker
Vor genau 100 Jahren hielt mit dem damals revolutionären "Technicolor"-Verfahren eine Vorstufe des späteren Farbfilmes Einzug in die Lichtspieltheater der Welt. Ganz bewusst kann man von Theatern sprechen, waren dies doch richtige Spielstätten, die der Kunstform Film eine Bühne boten. Aufgrund des großen Aufwandes waren zu Beginn oft nur einzelne Szenen oder der Vor- oder Abspann eines Filmes mit Farbe (nach-)coloriert worden, erst viel später dann wurde es zur Normalität, einen ganzen Film in Farbe zeigen zu können. Vielleicht war das Technicolor-Verfahren für den Kinofilm damals ein ähnlich wichtiger technischer Meilenstein wie die Digitalprojektion (und ich meine hier nicht 3D!) heutzutage. Die Filme, die mit diesem Verfahren hergestellt und vorgeführt wurden, strotzten nur so mit intensiver Farbwiedergabe, die für unsere Augen heute unnatürlich intensiv wirken mag. Man trug aber umso dicker auf, weil man die Wirkung der Farbe erst einzusetzen lernen musste und den neuen Effekt als etwas Besonderes im Vergleich zum damals kaum verbreiteten TV in Schwarz-Weiss einzusetzen wusste.

So mancher Filmregisseur ging in der jüngeren Vergangenheit bewusst den umgekehrten Weg und verwendete absichtlich Farbreduktion ("Letters From Iwo Jima") oder drehte in Schwarz-Weiss ("Schindlers Liste"). Für den jungen Nachwuchsregisseur Damien Chazelle war es die Ära des Technicolor ganz offensichtlich wert, ihr ein Denkmal zu setzen und so präsentiert sich sein neuester, mehrfach preisgekrönter, Streifen rein visuell als Hommage an die goldenen Zeiten Hollywoods und an die knallbunte Ausstattung der frühen Farbfilme, in denen keine zwei Krawatten oder keine zwei Abendkleider die selbe Farbe haben durften und selbst die am Straßenrand geparkten Autos unterschiedlich lackiert waren. Diese Hommage gelingt ihm auf grandiose Weise, erzählt er uns doch eine Geschichte, die sich im Hier und Jetzt zuträgt und zugleich den Geist jener Glanzzeit der Traumfabrik atmet, den viele voll Wehmut als verloren betrachten. Alles, einfach alles, sitzt und steht und singt und tanzt in absoluter Perfektion, sodass man an diesem Film in den Kategorien Ausstattung, Kamera, Kostümdesign und Musik auf gar keinen Fall vorbeisehen oder -hören könnte. Und wie zum Drüberstreuen ist es ihm geglückt, mit Ryan Gosling und Emma Stone ein beeindruckend harmonisches und sehr sympathisches Schauspielerduo in den Hauptrollen zu besetzen. Gosling, als der melancholisch-verträumte Idealist mit dem Hang, an seinem eigenen Qualitätsanspruch zu scheitern, hat eindeutig den kleineren Part gegenüber der famos-vielseitigen Emma Stone, die auf allen Ebenen ihres Könnens alles gibt, was sie zu geben hat. Mit ihrer natürlichen, leicht rotznasigen und zugleich sensiblen Darstellung der jungen Schauspielerin, die davon träumt berühmt zu werden, gewinnt sie die Herzen ihres Publikums spätestens in jener Frühlings-Szene, in der sie zu "I ran" spontan improvisierend tanzt und ihren roten Haarschopf wirbeln lässt. Fernab davon, kitschig zu sein überwältigt "La La Land" sein Publikum mit seiner Farbenpracht und einem Schwall sauguter Musik sowie Tanz und Gesang und lässt die Romantiker seufzen und die Idealisten für einen Augenblick die Oberhand über das Leben draußen vor dem Kinosaal gewinnen, wo sie leider viel zu oft das Nachsehen haben. Filme wie diesen könnte man sich wohl nicht jeden Tag anschauen - zu groß wäre die Gefahr einer Überdosis. Dennoch tun sie (spätestens alle 100 Jahre) gut, sehr gut sogar.
 
 

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