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Heidi@Home: Motherhood is the lonliest thing in the world

Heidi@Home: Motherhood is the lonliest thing in the world

Eine Überlegung zu #RegrettingMotherhood aus der Perspektive einer TV-Serie - Ist Ruth Fisher aus „Six Feet Under“ eine bereuende Mutter?
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von (Heidi@Home)
Der Hashtag #RegrettingMotherhood dominierte in den letzten Wochen die sozialen Netzwerke, wie auch die Online- und Printmedien. Ausgehend von einer israelischen Studie, in der Mütter gestanden, dass sie zwar ihre Kinder lieben, nicht aber das Phänomen Mutterschaft mit allen seinen Zuschreibungen, und, dass sie mit dem Wissen danach nicht nochmal Mutter werden würden, löste heftige Reaktionen und Diskussionen aus.

Dabei fällt dem TV-Serienkonsumenten unmittelbar Ruth Fisher ein, die Mutter aus „Six Feet Under“. In der letzten Folge der Serie sagt sie zu ihrer verzweifelten Schwiegertochter Brenda, die gerade ihre Tochter viel zu früh auf die Welt gebracht hat, sie wolle ihr – trotz aller Differenzen zwischen ihnen – helfen, denn: „Motherhood is the lonliest thing in the world.“ Ruth stellt fest, dass ihr verstorbener Mann nie wirklich da war, beim Aufwachsen seiner drei Kinder, er hat ihr an ihrer Seite gefehlt, auch wenn er den Kindern ein guter Vater war. Ruth hatte existentielle Sorgen alleine zu tragen, ebenso wie ihr Mann anderswo, in Vietnam; und später als Eigentümer eines Bestattungsinstitutes. Er war oft nicht anwesend, in den vielen herausfordernden Situationen mit den gemeinsamen Kindern.

Ist Ruth Fisher, die ihr Leben lang Hausfrau und dreifache Mutter war, sehr starke Konflikte innerhalb ihrer Familie austrägt, und in oben zitiertem Satz einen durchaus gültigen Befund abgibt, tatsächlich eine bereuende Mutter? Sie kämpft jedenfalls mit ihrer Mutterrolle, leidet, verzweifelt an der Aufgabe, und gesteht sich und anderen oft ihr Scheitern ein. Außerdem lässt sie ihre Familie mittels sehr unkonventioneller Ausbrüche immer wieder an ihrer Gefühlswelt teilhaben.



Mit jedem Kind hat sie ihr spezielles Thema. Nate, der Erstgeborene, war für sie ein bisschen ein Partner-Ersatz, und ihm nimmt sie es deshalb besonders übel, dass er das Familienunternehmen nie übernehmen wollte, sondern von L.A. nach Seattle gezogen ist (und erst mit den Tod des Vaters in der Pilotfolge der Serie zurückkehrt). Bei ihrem zweiten Sohn David versucht sie, dessen Homosexualität zu akzeptieren, findet aber keine adäquate Sprache dafür. Sie nennt Davids Partner „special friends“ und als er ihr das einmal ankreidet, wieso seine Freunde immer „besonders“ sein würden, da benennt sie sie als Menschen, mit denen er gerade Sex hat. Nuancierung und Sensibilität ist oftmals nicht die Stärke von Ruth. Mit ihrem jüngsten Kind, der einzigen Tochter Claire, die in der Spätpubertät steckt, hat sie die emotionalsten Dispute. Claire rebelliert offensiver als ihre Brüder, sie experimentiert mit Drogen und ihrer Sexualität, sie will unkonventionell leben und Künstlerin werden. Ruth versteht nichts davon wirklich, und macht sich große Sorgen. Und das oft nicht zu Unrecht, wie der Zuseher bestätigen kann.



Tatsächlich sind sich Claire und Ruth aber gar nicht unähnlich, denn auch Ruth ist eine Suchende, die lange nicht so konventionell lebt, wie man das meinen würde. Sie hatte schon zu Lebzeiten ihres Mannes eine Affäre, und auch nach seinem Tod immer wieder sehr schwierige Lebensgefährten. Sie geht also auch in dieser Beziehung nicht den Weg des geringsten Widerstands. Sie versucht immer wieder, sich auch außerhalb der Familie als eigenständige Frau zu positionieren, und mit einer engen Freundin neue Ziele für die Zukunft zu stecken, neue Lebensmodelle abseits der Mutterrolle auszuprobieren.

Im kathartischen Serienfinale wird spürbar: Ruth ist natürlich immer noch eine Frau, die sehr ambivalente Gefühle der Mutterschaft gegenüber hat. Aber sie bereut ihrer Kinder nicht. Im Gegenteil: es wird spürbar, wie sehr ihre Kinder sie zu dem gemacht haben, was sie ist, und wie sehr die Mutterschaft, trotz all ihrem scheinbaren Unvermögen darin, ihr Leben bereichert hat. Sie ist stolz auf das, was ihre Kinder erreicht haben, und freut sich ganz bewusst darüber, dass ihre Tochter einen Weg gehen wird, der ganz anders ist als ihr eigener. Weil es ihr bestätigt, dass ihre Kinder eigenständigen Erwachsenen herangewachsen sind.
Die Autorin
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Heidi@Home


Forum

  • Jubiläum

    Übrigens, herzlichen Glückwunsch an Heidi für ihre 50. Heidi@Home-Kolumne auf Uncut.
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    27.05.2015, 20:56 Uhr
  • Six Feed Under

    Ich lese hier auf Uncut sehr gerne über Serien und vor allem über Six Feet Under. Die Serie wird immer einen besonderen Platz in meinem DVD Regal haben. Ruth ist zweifelsohne eine Mutter, die ihren Sprösslingen sehr viel Zeit gewidmet hat und immer nur das Beste wollte. Sie ist auf jeden Fall von der Hausfrauisierung geprägt. Ohne Ruths Kinder wäre ihr Leben und die Serie doch ohnehin nur langweilig, also sind wir froh, dass es sie gibt. Ruth ist sicherlich eine meiner Lieblingscharakter der Serie, weil sie auch so schön durch drehen kann und die Kinder ihre Macken nicht von irgendwoher haben.,
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    27.05.2015, 20:46 Uhr