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Heidi@Home: Die Dornenvögel

Heidi@Home: Die Dornenvögel

Eine klassische Miniserie, die mehr kann, als nur eine sentimentale Liebesgeschichte zu erzählen
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von (Heidi@Home)
Wie kreiert man eine kultige Mini-Serie, die auch dreißig Jahre nach der Erstausstrahlung nichts von ihrer Faszination eingebüßt hat? Wenn man sich die Dokumentation ansieht, die sich mit der Entstehung der Serie „Die Dornenvögel“ beschäftigt, dann gehören dazu mehrere Zutaten: ein Buchbesteller, dem die Handlung zugrunde liegt, ein hoch emotionales Grundthema, populäre Schauspieler und eine abgeschlossene Story, die sich dennoch über mehrere Jahrzehnte erstreckt. Und nicht zuletzt die Musik aus der Feder von Henry Mancini („Der rosarote Panther“, „Moon River“).

Obwohl „Die Dornenvögel“ vor allem als verbotene Romanze zwischen der vernachlässigten jungen Meggie und dem ehrgeizigen katholischen Priester Ralph, beide sehr attraktiv, populär geworden ist, was 1983 auch einen kleinen Skandal auslöste, verbirgt sich dahinter mehr als nur eine sentimentale Abarbeitung am Thema Zölibat. Ein Thema, das die Serie zugegebenermaßen natürlich dominiert. Aber die Sache ist nicht ganz so eindimensional, wie sie zuerst zu sein scheint:
Meggie ist nicht nur zerbrechlich und vom Leben benachteiligt, wie sie auf den ersten Blick wirkt, sondern eigentlich eine feministische Figur, die sich schon fast trotzig das zu holen vermag, was ihr anfangs strikt verwehrt wird. Meggie ist aufmüpfig und widerborstig und sehr prononciert. Sie verweigert es, sich mit dem Leben abzufinden, das sie führen soll, sondern bleibt auch im Scheitern eine Kämpferin und Widerständlerin. Sie wird zur selbstbestimmten Alleinerzieherin, die es allerdings nicht schafft, ihre beiden Kinder gleichwertig zu behandeln. Bei ihrer Tochter macht sie die gleichen Fehler, die auch ihre Mutter bei ihr gemacht hat, während sie ihren Sohn vergöttert. Erst mit der Zeit lernt sie dazu.



Auch Ralph ist nicht ausschließlich der noble Mensch ist, der er vorzugeben zu sein scheint. Natürlich verzichtet er nicht nur wegen seiner Liebe zu Gott auf Meggie, sondern auch aus Karrieregründen; ihm reicht es keineswegs, ein kleiner Priester im australischen Outback zu sein, er will hoch hinaus und Anerkennung. Würde er das Priesteramt überhaupt aufgeben, wäre er geächtet und ohne Zukunftsperspektive. Eine hohe gesellschaftliche Stellung ist ihm aber wichtig, bis hin zu einem gewissen Narzissmus. Natürlich speist sich die Verbindung der beiden auch daraus, dass sie nicht sichtbar gelebt werden kann, dass sie keine Routine kennt und nicht in die Niederungen des Alltagslebens herabsteigen muss.

Die Serie widmet sich aber nicht nur der (verbotenen) Liebe, sondern auch anderen universellen Themen des Lebens, wie der Reflexion über Frauenbilder und – rollen und deren Wandel in der Gesellschaft und Zeit. Auch die Frage nach Freiheit nicht nur als Chance, sondern auch als Bürde und Verantwortung wird thematisiert, oder wie Ralphs Vertrauter Erzbischof Vittorio Contini es ausdrückt: „Gott hat uns den freien Willen gegeben und mit diesem Geschenk kam die Qual der Wahl. Wenn man sich dieser Wahl nicht stellt, kommt man nicht voran.“

Philosophische und religiöse Fragestellungen werden in der Serie damit natürlich nicht als hoch intellektueller Diskurs bearbeitet, sondern auf gut verständliche und reizvolle Weise für ein breites Publikum aufbereitet. Dass sich „Die Dornenvögel“ aber differenzierten Sichtweisen und existentiellen Themenbereichen widmet, sich nicht nur bequem auf die Liebesgeschichte fokussiert, macht sie vielschichtig, spannend und ist wohl eine weitere Zutat für ihren durchschlagenden Erfolg.

Die Autorin
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Heidi@Home


Forum

  • Erfolg

    Unglaublich, dass die Serie damals so erfolgreich war. Hab gerade gelesen, dass damals jeder zweite Österreicher vor dem Fernseher saß. Oder waren es vorwiegend die Österreicherinnen? Ich habe mich damals nicht so sehr um die Serie gekümmert, während ich einige Frauen von Ralph schwärmen hörte.

    Ich bin sicher dass es damals mit dem Namen „Ralph“ einen richtigen Kevin-Effekt gab...
    treadstone71_02519ad8f6.jpg
    04.07.2014, 15:22 Uhr
  • mir wars zu sentimental...

    Leider waren die Dornenvögel für mich einfach zu kitschig und sentimental. Am Ende war ich froh dass es aus war, wenn ich auch zwischendurch relativ gut unterhalten wurde. Deine Betrachtung ist interessant, aber ich fürchte, dass ich diese Stunden nicht nochmal investieren möchte ;-)
    Vielleicht sollte ich es mit dem Buch versuchen.
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    02.07.2014, 11:54 Uhr
    • Ja....

      ...eine gewisse Sentimentalität kann man der Serie nicht absprechen ;-)

      Das Buch hab ich auch nur auszugsweise gelesen. Ein Vergleich mit der TV-Umsetzung wäre sicher interessant.
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      03.07.2014, 10:45 Uhr