Filmkritik zu Hors du temps

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Belanglose Langeweile

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2024
    „Hors du temps“, mit dem internationalen Titel „Suspended Time“ ist der neue Film von Oliver Assayas („Die Wolken von Sils Maria“, „Personal Shopper“). Und die Zeit ist es auch die einfach nicht vergehen will.

    Der Regisseur Etienne (Micha Lescot) und sein Bruder Paul (Vincent Macaigne), ein Musikjournalist, müssen den Lockdown gemeinsam mit ihren neuen Partnerinnen (Nora Hamzawi, Nine D’Urso) in ihrem Elternhaus verbringen. Und wie die meisten von uns wissen - da menschelt es irgendwann.

    Was ich an Filmen teilweise bedauere, ist dass sie sich oft (aus der Natur der Sache heraus) um die Erlebnisse von Künstlern drehen, selten wirklich um die Durchschnittsbevölkerung. Aus meiner Sicht, der eben kein solcher ist, wäre es aber gerade bei einem so kollektiven Trauma wie der Corona-Pandemie interessant gewesen, auch deren Perspektive einzunehmen. Wie man den Film aufnimmt, hängt also deutlich von den eigenen Erfahrungen in den vergangenen Jahren ab. Nun behaupte ich keinesfalls, dass es Kunstschaffende nicht genauso hart getroffen hat - im Gegenteil, vielleicht sogar mehr. Nur davon merkt man hier nichts. Man kann sich aber nebenbei schon fragen, wenn direkt ein Wettbewerbsfilm(!) dabei rumkommt, dürfte es an Inspiration und vor allem Arbeit nicht gemangelt haben.

    Wirklich eingesperrt wirkt hier niemand. Die Brüder haben einen großen Garten zur Verfügung, es ist gerade auch noch Sommer; von finanziellen Nöten ist ebenso keine Spur. Wenn sie mit einem Gläschen Wein abends draußen sitzen, dann wirkt das eher wie etwas Erstrebenswertes. Zusätzlich bekommt man kaum ein Gefühl dafür welcher Zeitraum verstreicht. Zwar war das im Lockdown teilweise so, nur könnte sich Assayas Geschichte dadurch genauso gut um einen Sommerurlaub drehen. Konflikte kommen auch wenige auf. Ich habe WGs außerhalb von Corona erlebt in denen mehr gestritten wird.

    Während sie nun so „ausharren“ müssen, entwickeln die Protagonisten so ihre eigenen kleinen Bewältigungsstrategien. Etienne bestellt vermutlich nicht nur aus Angst vor Keimen ständig etwas aus dem Internet. Ein Running Gag über Paul und sein Streben die perfekte Crêpe zuzubereiten ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Aber wenn ein Pfannkuchen gleichermaßen der Tageshöhepunkt einer Figur wie das Highlight eines Filmes ist, kann man sich gut vorstellen, wie ereignislos der Rest sein muss. Die gut geschriebenen Dialoge und wenigen witzigen Momente, getragen von den charismatischen Darstellern, sind es so die das Erlebnis überhaupt erst erträglich machen.

    Zeit, von der uns mehrere Lockdowns bereits zu viel geraubt haben, ist sehr kostbar. Darum sollte man sich gut überlegen, ob man noch genug für diesen Film hier übrig hat.
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    (Markus Toth)
    19.02.2024
    22:17 Uhr