Filmkritik zu Leonora addio

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  • Bewertung

    Die letzte Reise

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2022
    Paolo und sein älterer Bruder Vittorio Taviano haben als Regie-Duo gemeinsam einige Filme gedreht. 2018 verstarb Vittorio im Alter von 89 Jahren. Nun hat Paolo Taviano mit „Leonora Addio“ seinen ersten eigenen Spielfilm gedreht.

    Das Drama des heute 90-jährigen Italieners handelt über weite Teile von dem 1936 verstorbenen Schriftsteller Luigi Pirandello. Nach dem Tod des Literaturnobelpreisträgers soll dessen Asche nach Sizillien transportiert und in einem Denkmal beigesetzt werden. Die abenteuerliche Reise der staubigen Überreste Pirandellos wird in den ersten zwei Dritteln mit reichlich Galgenhumor geschildert und mit atemberaubend schönen Schwarz-Weiß-Aufnahmen bebildert. Gegen Ende erzählt der Film sogar noch eine gänzlich andere Geschichte über einen italienischen Jungen, der in New York des Mordes bezichtet wird. Er soll ein Mädchen mit Hilfe eines Nagels getötet haben. Der letzte Teil des Films basiert auf einer Kurzgeschichte des tatsächlichen Pirellos, die den Titel „Il Chiodo“ (auf Deutsch: „Der Nagel") trug.

    Paolo Taviano hat mit „Leonora Addio“ dem großen Schriftsteller Luigi Pirandello ein einzigartiges filmisches Denkmal gesetzt, das in Puncto Form und Struktur manchmal zu experimentell wird, doch einen in seinen stärksten Momenten staunend zurücklässt. Zeitgleich kann das 90-minütige als elegischer Abschiedsbrief an Paolos Bruder Vittorio gelesen werden. Ein imperfektes aber dennoch beachtliches Alterswerk!
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    (Christian Pogatetz)
    25.02.2022
    02:38 Uhr