Filmkritik zu Syriana

Bilder: Warner Bros Fotos: Warner Bros
  • Bewertung

    Über die Macht des Erdöls und weiße Westen ...

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2006
    Ihr erinnert Euch sicherlich noch an den Film "Traffic - Macht des Kartells". Damals ging es um die Macht der mexikanischen Drogenmafia und die politischen Verwicklungen in dieses Geschäft, die bis in hohe Kreise der amerikanischen Gesellschaft und Politik reichen. Steven Soderbergh bekam für diesen Film einen Regie-Oscar verliehen.

    Nun hat sich Steven Soderbergh als Produzent mit dem gleichen Drehbuchautor Steven Gaghan wieder vereint, allerdings sitzt Gaghan diesmal zusätzlich zum Job als Drehbuchautor auch auf dem Regiesessel und das erst zum zweiten Mal in seiner Karriere. So war es, verrät er uns bei der Pressekonferenz, nicht unbedingt leicht, das Studio Warner Brothers davon zu überzeugen, ihn als Regisseur zu verpflichten, es hätte ja doch "auch noch einen Scott Bruder gegeben", der das auch hätte machen können. Als er jedoch mit der langen Liste von Stars auftrumpfen konnte, die für das Projekt verpflichtet werden konnten (Matt Damon, George Clooney, William Hurt, Christopher Plummer und Chris Cooper) entspannte sich die Sorge schon wieder, es könnte sich um ein finanziell riskantes Projekt handeln. Ein Projekt, das eine lange Zeit der Vorbereitung gebraucht hat, bis es in die Phase der Realisierung eintreten konnte. Nicht nur verbrachte Steven Gaghan fast 2 Jahre alleine damit, am Drehbuch zu schreiben und immer wieder Änderungen vorzunehmen, sondern er war auch 2 Monate lang mit Robert Baer, dem Autor der Romanvorlage, im Nahen Osten, um im direkten Kontakt ein Gefühl für die Situation zu bekommen.

    Worum geht es eigentlich? Es geht um die Macht des Erdöls, oder besser gesagt: des Geldes, das weltweit im Spiel ist, wenn es um das "Schwarze Gold" geht und im Besonderen um die schrankenlose Korruption, die auf allen Seiten im Spiel ist. Und dabei gibt es keinen, der eine weiße Weste hat, auch wenn die Scheichs nach Außen in weißen Gewändern auftreten oder die Amerikaner jedwede Verwicklung stets kategorisch abstreiten. Vier einzelne Handlungsstränge verwickeln sich zunehmend enger in einander, bis sie am Ende an einem tragischen Höhepunkt zusammenlaufen. Ein Konzept, das uns schon von anderen Filmen (Magnolia etc.) bekannt ist, hier aber ein höchst taugliches Stilmittel ist, die komplexen Zusammenhänge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten: da sind einmal die amerikanischen Politiker und ihr Geheimdienst (Clooney), die ihre Hände im Spiel haben. Da ist auch eine eine Schweizer Investmentfirma (Damon), die den großen Profit wittert. Oder auch Jugendliche persischer Abstammung die in einer Welt ohne Arbeit aufwachsen, weil internationale Konzerne ihre Arbeitsplätze wegrationalisiert haben und die daher umso leichter empfänglich sind für die islamischen Fundamentalisten, die sie in den Märtyertod für Allah treiben. Und last but not least sind es innerfamiliäre Bruderkämpfe in der Herrscherdynastie, bei denen es auch wieder nur um Macht und Einfluß auf das Öl bzw. durch das Öl geht.

    Sowohl vor als auch hinter der Leinwand vermag "Syriana" zu überzeugen. Besonders hervor zu heben ist die Leistung von Alexander Siddig als der hochintelligente, aber verschmähte Thronfolger des Emir, George Clooney wurde ja bereits mit einem Golden Globe für seine Rolle als CIA Agent belohnt. Zahlreiche Passagen des Filmes sind in Farsi bzw. in Arabisch gedreht, eine besondere Herausforderung nicht zuletzt für George Clooney und Alexander Siddig, vor allem, wenn es vorkam, dass eine lange Ansprache auf Arabisch über Nacht vom Regisseur umgeschrieben wurde. Das bedeutete dann eine "lange, sehr lange Nacht", wie uns Clooney verraten hat.

    Seine Motivation, in letzter Zeit immer wieder in Filmen mit einer kritischen politischen Message aufzutreten, begründet Clooney damit, dass er von seinen Eltern her schon ein großes politisches Interesse mitbekommen hat. Schließlich war seine Mutter Bürgermeisterin und sein Vater mehr als 30 Jahre lang als Journalist tätig. Dass er damit von seinem Image als Strahlemann und Frauenschwarm weg kommen möchte, bestreitet er aber (augenzwinkernd).

    Fazit: Syriana läuft auf der Berlinale außer Konkurrenz, kann also keinen der Bären mit nachhause nehmen. Für die Oscars ist der Film ganz sicherlich ein Favorit und für uns Normalsterbliche ein Film, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Intelligente, actionreiche Spannung ohne dummen Sprüche zu einem topaktuellen Thema mit Szenen, die wirklich unter die Haut gehen.

    Auf jeden Fall hat der Film am zweiten Tag hier in Berlin bereits einigen Staub aufgewirbelt und für einen gigantischen Andrang bei der Pressekonferenz gesorgt, sodass sich die Türen zum Saal nicht mehr schließen ließen.
    Und auch die Fans kamen nicht zu kurz: am Abend bei der feierlichen Galapremiere im Berlinale Palast nahm sich Clooney ausgiebig Zeit, Autogramme zu geben und Hände zu schütteln.
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    (Markus Löhnert )
    10.02.2006
    23:39 Uhr
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