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  • Bewertung

    H. R. Giger dreht sich im Grab um.

    Eldritch Advice
    Die italienische Filmlandschaft, insbesondere jene der 70er und 80er Jahre, war besonders für ihre dreisten Imitate von Blockbustern aus Hollywood bekannt. Ein Trend der darin mündete, dass sich so manche Billigproduktion als leibhaftige Fortsetzung eines erfolgreichen US-Films ausgab. Das bekannteste Beispiel hierfür ist Lucio Fulcis „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ der im italienischen Original als „Zombi II“ vermarktet wurde; als scheinbare Fortsetzung von George A. Romeros Zombie-Hit „Dawn of the Dead“. Diese Taktik hat Produzent und Teilzeitregisseur Ciro Ippolito derart beeindruckt, dass er sich dazu entschied selbst ein „Pseudo-Sequel“ zu Ridley Scotts Meisterwerk „Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ zu drehen. Während der deutsche Titel „Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück“ dies etwas subtiler andeutet, lässt der italienische Originaltitel „Alien 2 - Sulla Terra“ keine Zweifel offen. Freilich versuchte „20th Century Fox“, die Produktionsfirma des Originals, juristisch gegen die Verbreitung von „Alien 2“ vorzugehen, da sich Ippolito allerdings darauf berief die Fortsetzung eines „Alien“-Romans aus den 30er Jahren gefilmt zu haben, entschied das Gericht zu seinen Gunsten.

    Eine Raumkapsel der NASA kehrt zurück zur Erde. Doch als sie in San Diego landet, wird dort mit Schrecken festgestellt, dass die Astronauten spurlos verschwunden sind und kein Zeichen von Leben zu finden ist ... so glaubt man zumindest, denn die Raumkapsel brachte außerirdische Organismen, die den menschlichen Körper als Wirt nutzen ehe sie sich spurlos von ihm entledigen, mit auf die Erde. In der Zwischenzeit erkundet eine Gruppe von Höhlenforschern eine Grotte nahe der Landezone. Noch ahnen sie nichts davon, dass dort bereits die Aliens auf sie warten.

    Ich muss sagen … Das Konzept versprüht einen gewissen Reiz.

    Diesen Film plagen zwei große Probleme: Der ungeschickte Umgang mit dem bereits geringen Budget und die Entscheidung, dass Ippolito selbst Regie führt. Umgerechnet 200.000 Euro konnten für „Alien 2“ aufgetrieben werden. Dies ist kein Budget mit dem man „Bäume ausreißen“, aber eines mit dem ein geschickter Filmemacher durchaus einen gelungenen Science-Horror-Film drehen kann. Einen solchen Regisseur wollte man ursprünglich auch finden. Deswegen wurde Mario Bava, dem es immer wieder gelang mit einem geringen Budget einen qualitativ hochwertigen Film zu kreieren, der Regiestuhl angeboten. Doch Bava lehnte ab und um keine weitere Zeit zu verlieren, entschied sich Produzent Ippolito dazu, selbst auf diesem Stuhl Platz zu nehmen. Dass dadurch die Produktion des Films gelitten hat ist bedauerlich, denn im Grunde genommen hat dieser Film ein sehr interessantes Konzept, das sich eine bessere Umsetzung verdient gehabt hätte. Versteht mich nicht falsch, „Alien 2“ verfügt durchaus über einige schaurige und blutige Szenen, die durch die gelungene Filmmusik der Gebrüder „Oliver Onions“ atmosphärisch aufgewertet werden, aber leidet an der (fehlenden) Darstellung der Aliens und Ippolitos Schwächen in Sachen Erzählkunst und Pacing.

    Trotz seiner unrühmlichen Reputation, verfügt „Alien 2“ über eine durchaus interessante Besetzung. Belinda Mayne spielt die Protagonisten Thelma Joyce, eine medial veranlagte Höhlenforscherin. Im Anschluss an diese Produktion gelang es Mayne in einigen Filmen sowie Serien mitzuwirken, die über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen („Krull“, „Doctor Who“). In „Alien 2“ ist ihre Figur nicht bloß sympathisch, sondern darüber hinaus gelingt es ihr dem Film einen gewissen Charakter zu verleihen, insbesondere in den Szenen deren Qualität von ihrem schauspielerischen Können abhängig sind. Ein weiteres bekanntes Gesicht ist jenes von Michele Soavi, der zum Zeitpunkt dieses Film seine ersten Schritte als Schauspieler machte, später aber als Regisseur seinen Durchbruch feiern sollte und mit „Dellamorte Dellamore“ einen meiner liebsten Zombiefilme drehte.

    Ist dieser Film „Alien Day“ würdig?

    Ich kann nicht verneinen, dass mich „Alien 2“ phasenweise gut unterhalten hat, besonders die Szenen in der Höhle, sowie das stimmungsvolle Ende. Ebenso wenig leugnen lassen sich allerdings die vielen Schwächen, deren größte das Pacing darstellt. Der Film fühlt sich einfach zu lange an. Nachdem der Abspann über den TV-Schirm flimmerte war ich der Meinung, dass es „Alien 2“ nicht schaden würde auf rund 90 Minuten heruntergebrochen zu werden. Als sich mir dann die tatsächliche Laufzeit von 85 Minuten auf der Rückseite der Amaray-Hülle offenbarte, war ich geschockt, denn gefühlt hatte der Film eine Laufzeit von 120 Minuten. Ein weiteres großes Manko ist, dass wir die Aliens kaum zu Gesicht bekommen. Zwar kann man mit dieser Taktik durchaus für Spannung wie auch Grusel sorgen, hier mag dies aber einfach nicht gelingen.

    Das Urteil über diesen Film zu fällen ist einfach … und doch nicht. Unter allen Umständen handelt es sich hierbei um keinen guten Film, selbst um keinen Streifen der Gattung „So schlecht, dass er schon wieder gut ist“. Um was es sich hierbei jedoch handelt ist eine Kuriosität, genauer gesagt eine Kuriosität der Filmgeschichte, die man als Fan des Alien-Franchises aus reinem Interesse sehen sollte. Es macht wesentlich mehr Spaß über „Alien 2“ und seine Geschichte zu diskutieren und zu lesen, denn ihn zu sehen. Als Film kann ich diesem Werk daher keine Empfehlung aussprechen, was ich allerdings kann, ist, ihn als interessantes Gesprächsthema für „Alien-Fans“ zu empfehlen. Aus dieser Sicht betrachtet ist „Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück“ trotz meiner negativen Wertung „Alien Day“ würdig!

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
    https://goo.gl/oYL4qZ
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    (Thorsten Schimpl)
    26.04.2018
    12:17 Uhr