Nach einer Reihe erfolgreichen Dokus über die US-Schusswaffenkultur, 9/11 und die Bush-Administration sowie das US-Gesundheitssystem nimmt sich Michael Moore schlichtweg dem nächst-logischen Thema an: Der Wirtschaftskrise und ihren komplexen Auslösern.
Moores Filme unterhalten und finden in der Tragik eine Prise auflockernden Humor, so natürlich auch in „Capitalism: A Love Story“. Doch dieser scheint hier einwenig gezwungen und nicht faktenbedingt wie sonst zu sein. Moores Absperrungen von Gebäuden in der berüchtigten New Yorker Wall Street zeigt zwar lustigen aktiven Protest, ist jedoch ein ähnlich schwacher Moment wie das Besuchen Guantanamo Bays mit mehreren unversicherten US-Amerikanern mit der bitte um kostenlose medizinische Betreuung (die es dort angeblich gibt) in seinem Oscar-nominierten Vorgänger „Sicko“. Den Witz findet er nicht mehr in der Story selbst, wie noch im herrlich selbstironischen „Fahrenheit 9/11“.
„Capitalism: A Love Story“ ist wiederum definitv sein bisher am besten recherchierter Film. Die Komplexität der Börsen sowie des Zusammenbruchs der Weltwirtschaft im Jahre 2008 ist anhand von Fakten und mit interessanten Expertengesprächen gut untermauert. Herr Moore schneidet die Interviews weiterhin merklich so, wie sie ihm von den Aussagen genau passen und macht so linksliberale Wirtschaftstheoretiker noch linksliberaler als sie vermutlich sind, genauso wie er die bösen CEOs diverser Unternehmen (von denen erstaunlich wenige hier vor die Kamera getreten sind) noch diabolischer macht. Ein Erwin Wagenhofer ist mit „Let’s make money“ doch vorsichtiger an die Sache gegangen.
Letztenendes ist Moores neuer Film alles andere als ein Geniestreich. Zu unfokussiert sind seine Aussagen, zu sehr springt er zwischen den Geschehnissen hin und her. Auch scheint der tägliche Zeitungsleser, bis auf wenige Ausnahmen und vor allem Berichte von Einzelschicksalen, nach dem Film nicht mehr zu wissen als davor.
Auszug aus der Blu-Ray-Reviewweiterlesen