1 Eintrag
1 Bewertung
80% Bewertung
  • Bewertung

    Die Aussteiger

    Jean Becker, der Meister der Minimal-Handlung ist seinem Ruf wieder einmal gerecht geworden. Der totkranke Antoine (Albert Dupontel), will nicht, dass seine Frau Cécile (Marie-José Croze) und seine Freunde um ihn trauern. Doch das erfahren wir erst ganz am Ende. Zunächst gibt er vor, seine Frau zu verlassen. Seine Freunde beschimpft er auf seiner Geburtstagsparty und Virginie (Cristiana Reali) versucht er sogar im Keller zu verführen. Seinen Job schmeißt er hin.
    Dabei deutet der Titel doch darauf hin, welche Lebenserwartung Antoine noch hat. Lange Zeit lässt uns das Drehbuch im Glauben Antoine habe wirklich eine Geliebte Marion (Alessandra Martines), wie eine Freundin des Hauses Cécile gepetzt hat. Das ist die zweite Überraschung, die auf den Zuschauer wartet. Die nächste ist der Besuch von Antoine bei seinem Vater in Irland, auch ein Aussteiger. Und hier schlägt das Schicksal unerwartet zu. Zumal man erst jetzt erfährt, was es mit Antoine und Marion auf sich hat. Da hat Jean Becker mit unseren eingefahrenen Filmerwartungen gespielt. Vater und Sohn kommen sich näher, Vater (Pierre Vaneck) zeigt Herz, das von Antoine gerät ins Stocken. Der Schluss ist gelungen. Denn ein tränenreiches Ende wäre durchaus angebracht gewesen, doch Jean Becker lässt den Ton weg, lässt nur die Bilder sprechen. Den Rest kann man sich ja denken, nicht nur wegen der Tränen.
    Ganz abgesehen vom Ende gibt es am Anfang herbe Gesellschaftskritik, wenn Antoine seinen Freunden alles sagt, was er bisher runtergeschluckt hat und sich nicht getraut hat zu sagen. Diese bürgerliche Rücksichtnahme kommt mit pfiffiger Ironie daher. Überhaupt sind die Dialoge realistisch, treffen stets in Schwarze. Auch aus Kindermund.
    8martin_ea7f49f0f3.jpg
    15.11.2016
    15:33 Uhr