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    Bille Augusts politisch wertvolles Schlafmittel für Ruhelose


    Südafrika, Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die schwarze Bevölkerungsmehrheit wird von einer kleinen Minderheit von Weißen unterdrückt. Es gilt das System der Apartheid, das heißt: Schwarze haben kein eigenes Land, kein Wahlrecht, keine Bürgerrechte. In den Augen der Weißen sind sie Menschen zweiter oder dritter Klasse. Einer der Anführer der Widerstandsbewegung gegen die Apartheid, der für gleiche Rechte für alle kämpft, ist Nelson Mandela (Dennis Haysbert). Die Regierung hat ihn in einem Hochsicherheitsgefängnis auf einer Insel inhaftiert. Der junge Offizier Gregory (Joseph Fiennes) wird mit seiner Familie in das Gefängnis versetzt, um die Zensurabteilung zu leiten und über jede in den Augen der Regierung unerlaubte Korrespondenz Mandelas oder der anderen Häftlinge Bericht zu erstatten. Gregory spricht die Muttersprache Mandelas, weil er als Kind auf einer Farm gemeinsam mit Schwarzen aufwuchs. Anfangs ist er überzeugt, dass er das Richtige tut, aber je besser sich Gregory und Mandela kennen lernen, desto mehr Zweifel kommen Gregory...

    Regisseur Bille August (“Das Geisterhaus”) hat sich mit diesem Film sehr viel vor genommen, denn Nelson Mandela ist ja wohl einer der berühmtesten Politiker und eine DER Identifikationsfiguren für den Widerstand gegen Unterdrückung und das beharrliche Durchhalten unter schwierigen Bedingungen. Er war ja fast 30 Jahre für seinen Kampf gegen die Apartheid und die Unterdrückung der Schwarzen im Gefängnis gesessen. Die ganze Welt sah zu, wie er schließlich zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas gewählt wurde. Nicht zuletzt deshalb erscheint es legitim, diesem Film über seine Zeit im Gefängnis mit einer gewissen Erwartungshaltung entgegen zu treten. Außerdem liest sich die Besetzungsliste auch sehr viel versprechend: da ist zum einen Dennis Haysbert als Nelson Mandela, vielen von uns bekannt als US-Präsident in der Fernsehserie “24”, dann Joseph Fiennes als Gefängnisoffizier Gregory und Diana Krueger als seine Frau. Soweit die Voraussetzungen.

    Bille August erzählt in seinem Film einen großen Abschnitt aus der Zeit, in der Nelson Mandela auf Robben Island inhaftiert war, aus der Sicht von Officer Gregory, einem ehrgeizigen jungen Mann, der in dieser Aufgabe eine große Chance für seine Karriere sieht. Er kontrastiert das Leben des Gefängnispersonals und deren Familien samt deren Überzeugungen und für unsere Ohren sehr seltsamen Ansichten über die Trennung von Schwarz und Weiß mit dem Kampf der Widerstandsbewegung gegen die Apartheid. Gerade letzteres wird im Film aber immer wieder nur angedeutet, wie es den Menschen in Südafrika zu dieser Zeit geht, bleibt ausgeblendet. Auch erscheinen die Haftbedingungen der Insassen zwar strikt und die Zensur ihrer Post akribisch genau, insgesamt bleibt es aber bei stereotypen Andeutungen in eher oberflächlich inszenierten Einzelszenen. Nur in wenigen Momenten lässt der Film einen Blick auf den Menschen Mandela oder den zweifelnden, mit seiner Aufgabe ringenden, Gregory zu. Immer wieder überspringt der Film längere Zeitabschnitte und lässt sich nur für einige wenige emotional sehr dichte, aber doch insgesamt zu spärlich vorkommenden Augenblicke Zeit, in der die Persönlichkeit Mandelas klarer heraus gearbeitet wird.

    Auch für Gregory läuft zwar nicht alles nach seinem Plan, die Probleme, die auf dem Weg auftauchen, erscheinen aber auch eher leicht zu bewältigen. Joseph Fiennes wirkt in seiner Rolle immer wieder verzweifelt, aber nicht im emotionalen, sondern in einem mehr hilflosen Sinne. Den harten, zum Durchgreifen willigen Befehlsempfänger nimmt man ihm von Anfang an nicht so ganz ab. Und auch die Wandlung von Gregorys Frau von der wie alle Weißen beinahe panisch ängstlichen Apartheids-Befürworterin, die den Unterschied zwischen Weißen und Schwarzen ihren Kindern damit erklärt, dass nach Gottes Schöpfungsplan auch Enten mit Gänsen nicht vermischt werden dürften, zu einer der Mandela nach dessen Freilassung zujubelnden Menschen erscheint fragwürdig. Das liegt weniger an Diane Krueger, die für die Rolle durchaus passend besetzt ist, als an dem zusammengeflickten Drehbuch.

    Auch wenn ich damit vielleicht hier auf der Berlinale einer der wenigen bin, die sich trauen, an dem Film etwas auszusetzen zu finden, stehe ich dazu, dass ich ihn bei aller Brisanz des Themas und auch einiger weniger sehr bewegenden Szenen insgesamt als langatmig und altbacken inszeniert empfunden habe. Da können die Schauspieler nicht viel dran ändern, denen sicher kein Vorwurf zu machen ist, besonders Dennis Haysbert wirkt als weiser Nelson Mandela sehr überzeugend.
    uncut_profilbild_558ce708a7.jpg
    11.02.2007
    23:17 Uhr