I Am Michael

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Forumseintrag zu „I Am Michael“ von Harry.Potter

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Harry.Potter (11.02.2015 00:30) Bewertung
Auf der Suche nach religiöser und persönlicher Identität
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
Die Pubertät ist eine der schwierigsten Phasen in der Entwicklung eines jungen Menschen zum Erwachsenen. Sie ist voll mit schwerwiegenden Enttäuschungen, großer Unsicherheit über die eigenen Wünsche und Vorstellungen von einem geglückten Leben und sie ist geprägt vom Kampf gegen die eigene Unsicherheit. Kommt in diese, mit einem Erdbeben vergleichbare Phase im Leben eines Menschen, noch die Entdeckung einer nicht massenkonformen sexuellen Orientierung dazu, wird sie beinahe unerträglich. Auch noch so verständnisvolle und liebevolle Eltern können hier wahre Freunde ersetzen und auch die eigenen religiösen Überzeugungen spielen eine wichtige Rolle. Nicht wenige sehen sich eines Tages vor die Entscheidung gestellt: Soll man die eigene Homosexualität akzeptieren und sich von der Glaubenstradition und vielleicht auch der Glaubensgemeinschaft verabschieden, mit der man so viele Jahre seines Lebens zu tun hatte? Oder doch die sexuelle Selbstbestimmung auf später aufschieben, vielleicht in der Hoffnung, dass sich schon alles „normalisieren“ wird?

Für Michael tut sich genau diese Entscheidung eines Tages auf – wie soll er sich entscheiden? Regisseur Justin Kelly liefert in seinem Spielfilmdebüt ein überraschend bewegendes und sehr, sehr ausgewogenes Portrait eines Menschen auf der Suche nach Zugehörigkeit, Selbstvertrauen und Identität ab, das niemanden, egal ob homosexuell oder heterosexuell, kalt lassen kann. Viele Filme, die sich mit diesem Thema befassen, beziehen früher oder später Partei für die eine oder die andere Seite. Auch bei Justin Kellys Film ist klar, dass er große Sympathien für eine tolerante Position der Liebe und des Miteinanders hat. Dennoch zeigt er die Schwierigkeiten, die beide Seiten mit der Thematik haben auf und schmiedet dieses immer noch recht heiße Eisen auf überzeugende Weise zu einem der besten Filme zu diesem Thema seit langem. James Franco und Zachary Quinto, aber auch Emma Roberts spielen einfach sensationell. Nur selten vergeht die Zeit im Kino schneller als es einem lieb ist. Ein wunderbarer Film, dem man nicht nur der LGBT-Szene wärmstens ans Herz legen kann, sondern auch jenen gut tut, die sich aus religiösen Gründen nach wie vor mit Homosexualität schwer tun. Weiter so, Justin Kelly und James Franco (der den Film auch produziert hat), von solchen Filmen kann es nicht genug geben.
 
 

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