Ieji - Homeland

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Forumseintrag zu „Ieji - Homeland“ von patzwey

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patzwey (14.02.2014 09:39) Bewertung
Das Leben nach der Katastrophe
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2014
Es ist die Zeit nach der großen Katastrophe. Während sich die Kamera auf ihren langsamen Erkundungstouren einen Weg zwischen den leicht verfallenen Häusern bahnt, gleicht das kleine Dorf in der Nähe von Fukushima einer Geisterstadt. Und nur wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, wie die Natur bereits wieder damit begonnen hat, die von Menschenhand erbauten Betonklötze zu sprengen. Vielleicht war gerade das der Grund, warum Jiro wieder in das kontaminierte Gebiet zurückgekommen ist. Land und Berge hätten ihn gerufen, wird er später noch sagen. Vorerst konzentriert er sich aber darauf, den kleinen Landwirtschaftsbetrieb seiner Mutter in Gang zu halten. Durch Reisanbau und dem immer wieder kehrenden Motiv des Grabens in der Erde, scheint er eine melancholisch- spirituelle Verbindung zu Mutter Erde einzugehen. Seine Familie kann hingegen diesen „langsamen Suizid“ nicht nachvollziehen und lebt lieber in einer aus dem Boden gestampften, künstlichen Übergangssiedlung.

Die Frage, was ein von der Elterngeneration alleine gelassener junger Mensch in einem von einer Krise zerstörten Land machen kann, ist dabei omnipräsent. Sämtliche Figuren und ihre Worte stehen in dieser filmischen Parabel stellvertretend für die Aufarbeitung der Vergangenheit. Es ist eine versuchte Neubestimmung der japanischen Identität. Und da solch eine Aufarbeitung nur langsam und schrittweise erfolgen kann, scheint es nur allzu logisch, dass auch Dialoge, Kamera und Schnitt von Entschleunigung geprägt sind. Ebenso klar ist es, dass solch ein Prozess nicht angenehm sein kann. Und ebenso wenig angenehm ist es für das Publikum, sich diesen Spiegel der zerrissenen japanischen Seele anzusehen. Es ist vielmehr harte Arbeit, bei der man jedoch die Bedeutung hinter dem großen Ganzen nicht aus den Augen verlieren darf.
 
 

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