Nora

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Forumseintrag zu „Nora“ von 8martin

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8martin (18.12.2012 19:25) Bewertung
Kristines Deal
Joseph Losey hat 1973 einen filmischen Meilenstein auf dem Weg zur Emanzipation der Frau geschaffen. Die selten gezeigte Adaption von Ibsens Bühnenstück von 1879 ist ein zeitloses Meisterwerk, das die Subtilität der Vorlage hervorragend umgesetzt hat. Ein Winterfilm (sic!) in dem Thorwald (David Warner) seine vermeintlich letzte Rechtsposition verteidigen zu müssen glaubt. Erst dreht er am Geldhahn, dann versucht er Nora (hervorragend Jane Fonda) zu diffamieren und zu entrechten. Er ist ein humorloser, steifer Autokrat, sie ist anfangs noch eine fröhliche, lebenslustige Frau, die anscheinend wunschlos glücklich zu sein scheint. Sie hat aber in der Vergangenheit hinter dem Rücken ihres Mannes nicht ganz legale Geldgeschäfte getätigt. Ihre Freundin Kristine (Delphine Seyrig) fädelt einen Deal ein, der Nora in die Selbstständigkeit entlässt. Dass das ein Menschenrecht sein soll, war im 19. Jahrhundert noch ein Skandal und geistert heute immer noch in manchen konservativistischen Köpfen herum. Thorwald betrachtet Nora, ‘sein kleines Vögelchen‘, als ‘seinen kostbarsten Besitz‘ und verwehrt ihr jegliches Recht auf sich selbst. Das ist für ihn eine Frage der Ehre. Er weiß auch, dass ‘alle jugendlichen Verbrecher Produkte haltloser Mütter sind‘.
Dieser Klassiker ist formal stilsicher umgesetzt, mit pompöser Ausstattung und tollen Hauptdarstellern. Ein Gradmesser für die eigene Einstellung zur Emanzipation.
 
 

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