Forum zu Nora

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    Kristines Deal

    Joseph Losey hat 1973 einen filmischen Meilenstein auf dem Weg zur Emanzipation der Frau geschaffen. Die selten gezeigte Adaption von Ibsens Bühnenstück von 1879 ist ein zeitloses Meisterwerk, das die Subtilität der Vorlage hervorragend umgesetzt hat. Ein Winterfilm (sic!) in dem Thorwald (David Warner) seine vermeintlich letzte Rechtsposition verteidigen zu müssen glaubt. Erst dreht er am Geldhahn, dann versucht er Nora (hervorragend Jane Fonda) zu diffamieren und zu entrechten. Er ist ein humorloser, steifer Autokrat, sie ist anfangs noch eine fröhliche, lebenslustige Frau, die anscheinend wunschlos glücklich zu sein scheint. Sie hat aber in der Vergangenheit hinter dem Rücken ihres Mannes nicht ganz legale Geldgeschäfte getätigt. Ihre Freundin Kristine (Delphine Seyrig) fädelt einen Deal ein, der Nora in die Selbstständigkeit entlässt. Dass das ein Menschenrecht sein soll, war im 19. Jahrhundert noch ein Skandal und geistert heute immer noch in manchen konservativistischen Köpfen herum. Thorwald betrachtet Nora, ‘sein kleines Vögelchen‘, als ‘seinen kostbarsten Besitz‘ und verwehrt ihr jegliches Recht auf sich selbst. Das ist für ihn eine Frage der Ehre. Er weiß auch, dass ‘alle jugendlichen Verbrecher Produkte haltloser Mütter sind‘.
    Dieser Klassiker ist formal stilsicher umgesetzt, mit pompöser Ausstattung und tollen Hauptdarstellern. Ein Gradmesser für die eigene Einstellung zur Emanzipation.
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    18.12.2012
    19:25 Uhr
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    Nora

    Schon lange vor der unsäglichen Frau Schwarzer (näheres siehe unter „Who the fuck is Alice?“ von Kay Sokolowsky) hat ja der alte norwegischen Dramatiker-Haudegen Henrik Ibsen so allerlei zugunsten einer Emanzipation der Weibsen aufs Tapet gebracht. Die Geschichte der unglücklichen NORA etwa, die da aus Liebe eine Unterschrift fälscht, darob deftigst erpresst wird und von ihrem Mann auch noch nichts als Undank erntet. Ein echtes Sozi-Melodram o.s.ä. also; und eine echte Vorlage für den Brechtianer und Blacklisted Director JOSEPH LOSEY, der das Stück - ganz im Sinne eines type casting mit Pseudo-Emanze Jane Fonda in der Titelrolle - gewohnt eigenwillig umzusetzen verstand. Nix da mit schaler Message-Drückerei oder plakativem „Guten Willen“! Stattdessen liefert LOSEY eine distanziert kühle, trocken sachliche Analyse (zwischengeschlechtlicher) Macht-, will heißen: Besitzverhältnisse. So politisch kann vermeintliches Historienkino sein!
    Exklusiv für Uncut von MacGuffin Mehr zur DVD
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    08.04.2009
    09:44 Uhr