Der gute Hirte

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Forumseintrag zu „Der gute Hirte“ von Harry.Potter


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Harry.Potter (16.02.2007 22:13) Bewertung
Die Geburt der CIA

“Man hat uns einmal gefragt, warum wir, wenn wir von der CIA sprechen, niemals einen Artikel gebrauchen. Wir sagen einfach “CIA”. Nun, wenn Sie von Gott sprechen, verwenden Sie auch keinen Artikel, oder?” In diesem Satz steckt schon sehr viel von dem, wie die CIA sich selbst versteht. Sie ist nicht irgend ein Büro in irgend einer Stadt, sie ist keine Organisation im klassischen Sinne, sondern sie ist ein weltpolitischer Faktor, eine nicht genau verortbare Macht, die ihre Finger überall auf der Welt schon im Spiel hatte und nur ein Interesse verfolgte: jenes der Vereinigten Staaten von Amerika. “Wir haben die Vereinigten Staaten von Amerika. Ihr seid alle nur zu Besuch hier”, sagt Agent Wilson in einer Szene zu einem Italiener, der ihn fragt, was den Amerikanern eigentlich heilig wäre, so ungefähr wie den Italienern ihre Familie und die Kirche.

Schon vor fast 13 Jahren wurde das Drehbuch zu diesem Film geschrieben. Viele Regisseure haben sich bereits an der Geschichte versucht, die Story dann aber doch wieder fallen gelassen. Einer davon, Francis Ford Coppola, ist als Koproduzent übrig geblieben, jener, der den Film jetzt in Szene gesetzt hat, ist niemand geringerer als Robert DeNiro. Mit einem großen Aufgebot an Hollywoodstars und Martina Gedeck in einer kleinen Nebenrolle macht er sich an die Arbeit und präsentiert uns einen Spionagefilm erster Güte, ohne Makel und ohne auch nur einen einzigen Moment ohne Spannung und Faszination. Langsam, ganz langsam führt er das Publikum ein in dieses Leben von Edward Wilson (Matt Damon), des Vorzugsstudenten, des Mitgliedes bei einem obskuren und elitären Männerclub namens “Skulls and Bones” (Totenschädel und Knochen), mit einem sehr, sehr abartigen Aufnahmeritual. Einem Mann, der nach außen stets unauffällig war und mit seinen Leistungen auffiel, aber nicht mit seinem Verhalten. Der Weg zum FBI scheint vorprogrammiert und als die CIA gegründet wird, ist auch er mit von der Partie.

Von der ersten Minute bis zum Schluss zieht DeNiros Film das Publikum in seinen Bann und entlässt es fasziniert und befremdet zugleich, welchen Einfluss dieser Geheimdienst auf so viele politische Ereignisse der Geschichte hatte. Dieser Film endet mit der Entschärfung der Kubakrise, bei der Pressekonferenz hat DeNiro bereits angekündigt, gerne noch einen weiteren Film vom Bau bis zum Fall der Berliner Mauer zu drehen und vielleicht sogar noch einen von dort bis zum 11. September 2001 bzw. bis heute. “Natürlich wurden am 9/11 Fehler gemacht. Alle haben Fehler gemacht, auch die CIA, keine Frage” meint er auf die Frage einer Journalistin bei der Pressekonferenz. Aber es ändere nichts daran, dass der Einfluss der CIA bis heute ungebrochen ist, überall auf der Welt.

Neben den herausragenden Leistungen aller Schauspielerinnen und Schauspieler vor der Kamera (auch Angelina Jolie als unglückliche Ehefrau Wilsons) besticht der Film mit seiner großartigen Kameraführung und Beleuchtung: immer dann, wenn Wilson in Szenen nur mit seinesgleichen umgeben ist, wenn eine Geheimdienstsache läuft, verdunkelt sich das Bild und die Gesichter der Agenten sind nur zur Hälfte sichtbar, die andere Hälfte verschwindet im Dunkel, die Farben verschwinden und die Welt der Agenten im Schatten wird sichtbar. Robert Richardson zeigt schon bei anderen Filmen (zb. “Kill Bill 1 & 2”, “The Aviator”, “Der Pferdeflüsterer”) sein Können hinter der Kamera und Schnittmeister Tariq Anwar saß u.a. für “American Beauty” auf dem Schnittplatz.

“Der Gute Hirte” ist ohne Übertreibung einer der besten Filme, die ich seit langem gesehen habe. Er erzählt seine Story über eine Länge von über 160 Minuten so spannend , dass sie einem viel kürzer vorkommt und ist von Anfang bis zum Ende ein einziger Kinogenuss, wie man ihn sich öfter wünschen würde.
 
 

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