Vom Winde verweht

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Forumseintrag zu „Vom Winde verweht“ von 8martin

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8martin (07.01.2024 11:14) Bewertung
Denn der Wind kann nicht lesen
Wenn ich das Jahr der Entstehung dieses Filmes sehe, 1939! muss mir immer noch ungläubig die Augen reiben. Zugegeben, es gibt keine zwei Meinungen über den Wert dieses Klassikers. Er hat einen festen Platz im Filmhimmel des Olymp. Nicht nur wegen der acht Oscars.
Der Plot ist komplex und voller Details, spektakuläre Massenszenen mit Feuersbrunst werden immer wieder von einem glutroten Himmel überdacht. Der historische Hintergrund ist der amerikanische Sezessionskrieg von 1861 – 1865, in dem es um das Ende der Sklaverei geht. Das Thema wird hier nur kurz gestreift. Entscheidend ist die Beziehung zwischen zwei Pärchen: Scarlett (Vivien Leigh) und Rhett (Clark Gable) sowie Melanie (Olivia de Havilland) und Ashley (Leslie Howard). Diese vier Figuren werden messerscharf skizziert, ihr Charakter sehr plastisch herausgearbeitet. Vielleicht macht das z.T. auch die Dauerwirkung (Kult) aus. Scarlett ist das verwöhnte Prinzesschen, das allen Männern den Kopf verdreht. Sie baggert auch Ashley an, selbst nachdem dieser Melanie heiratet und sie abgewiesen hat. Melly ist eine herzensgute, mitfühlende Seele. Scarlett stolpert in weitere unglückliche Ehen. Und immer wieder taucht Rhett auf und hilft ihr in prekären Situationen. Er ist als Kriegsgewinnler steinreich geworden. Scarlett wird Mutter (Bonny). Der Unfalltod des Kindes bedeutet das Ende der Ehe von Scarlett und Rhett. Er verschwindet im Nebel, in dem Medium, in dem Scarlett sich vielleicht zurecht zu finden versucht.
Die zahlreichen Nebendarsteller haben ausgiebig Gelegenheit für Komik, Witz oder weiterführende Einsichten zu sorgen. Hier wären Mammy und Prissy von den Bediensteten zu erwähnen, sowie Belle (Ona Munson), ein in die Jahre gekommenes Bordellmitglied mit Herz und Verstand, das die Doppelmoral der Gesellschaft geißelt.
In den Dialogen begegnet Rhett seiner Frau mit Zynismus, was ungeheuer modern wirkt, während Scarlett das zickige, unreife Landei bleibt. Sie lernt nichts dazu. Der Krieg bringt Leid, Tod und ökonomische Entbehrungen. Hier könnte sie sich emanzipieren. Doch sie geiert immer noch Ashley hinterher.
Das Ende wird so gekonnt aufgebaut, dass es einen nicht runterzieht, sondern zustimmendes Nicken provoziert. Bei aller menschliches Tragik verfolgt man den Abspann mit einem geläuterten Wohlgefühl. Ganz großes Kino! Seit 1939!
 
 

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