Ein Film, bei dem das Parfum des Sitznachbarn...
... ein prägendes Erlebnis sein kann. :)
Es gibt kaum Literaturverfilmungen, die sich auch tatsächlich an ihre Vorlagen halten oder deren Geist übernehmen können – dank Tykwer wurde diese vom Aussterben bedrohte Filmart jedoch um ein Meisterwerk aufgestockt: Seine Version der Lebensgeschichte von Jean-Baptiste Grenouille entspricht bis auf wenige, unscheinbare Abänderungen so sehr dem Roman von Patrick Süskind, dass es eine wahre Freude ist, sich in ein Frankreich des 18. Jahrhunderts zu begeben, das in olfaktorischer Hinsicht eine ziemliche Belastung darstellt. Manche Stellen wie jene in Grasse und Umgebung sind sogar dermaßen genau übernommen worden, als ob die Buchstaben des Wortes schlichtweg Bild und Farbe angenommen hätten. Abgesehen von eben diesen wundervollen Bildern im perfekten Farbton kann man „Das Parfum“ selbst neben permanentem Popcorngeruch förmlich riechen. Kein Geruchskino könnte ähnliches je auch nur annähernd erreichen.
Um die Perfektion abzurunden, weist Tykwer eine Besetzung der Sonderklasse auf: Alan Rickman meistert alle von ihm geforderten Emotionalitäten (und wird damit endlich hoffentlich auch der jüngeren Generation nicht nur als Prof. Snape ein Begriff sein), Dustin Hoffman verleiht Baldini Witz und Irrsinn, und neben dem fabelhaften Rest unübertriebener, in höchstem Maße passender Darstellungen verdient Ben Whishaw zweifelsohne allen Respekt sowie Anerkennung für seine Arbeit.
Sein Grenouille ist kein wirklich hässlicher wie jener des Buches, aber die innere Entstellung vom Moment seiner Geburt an spielt er durchgehend überzeugend in einer ergreifend-faszinierenden Art und Weise, die einen vor dem Gedanken erschauern lässt, was ein ursprünglich geplanter Orlando Bloom mit dieser Rolle alles angerichtet hätte. Falls die Welt nach einem ernsthaft talentierten, jungen Ausnahmeschauspieler gesucht hat, ist die Suche hiermit beendet, da Whishaw den Film betreten hat.
Einziger Negativpunkt übrigens: Das sehr unreife, in Rudeln auftretende Saalpublikum im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, das a) zu vermutlich 80% ganz offensichtlich keine Ahnung von der Existenz des Buches, geschweige denn dessen Inhalts hatte, b) daher durch unnötige Kommentare („geile Morde“) nervte und störte und c) bezüglich Intelligenzquotient klar überfordert war. Das sind Momente, wo man sich zumindest für gehobenere Filme als zahlender Film-genießen-Woller einen Intelligenztest für so manche andere Kinogeher wünscht...
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