Der Stadtneurotiker

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Forumseintrag zu „Der Stadtneurotiker“ von 8martin

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8martin (01.12.2015 18:54) Bewertung
Fingerübungen eines Vielfilmers
Das ist ein ziemlich früher Woody Allen und man sollte ihn als Vorübung für spätere, bessere Filme sehen. Aber schon hier geht es in der exzentrischen Egozentrik des Regisseurs und Hauptdarstellers um sein Lieblingsthema ‘Sex‘. Davon die Variante zwischen Impotenz und Orgasmus. Die Girlys laufen Woody förmlich nach. Ärgerlich nur, die er hat, will er nicht und die er will, hat er im Moment gerade nicht. Hier ist es Annie Hall (Diane Keaton), die auch mal mit zarten Stimmchen in einer Bar singen darf. Auch der hausgemachte Pessimismus des Autors kommt hier schon zum Vorschein: ‘Das Leben zerfällt in zwei Kategorien: Das Schreckliche und das Unglückliche.‘
Viele der Jokes kommen heute als Kalauer an oder sind überhaupt nicht lustig und die Ironie ist so versteckbuchselt, dass man sie nicht bemerkt. (‘Masturbation ist Sex mit jemanden, den ich sehr liebe‘) Die endlosen Dialoge scheinen heute irgendwie aus der Zeit gefallen. Da kommt Langeweile auf, wenn man nicht hin und wieder durch einen Joke hochschrecken würde (Nach dem Einparken ‘Bis zum Bürgersteig gehen wir zu Fuß‘.) Und seine Neurosen haben nur bedingt etwas mit der Stadt zu tun. Es geht doch nur um Annie Hall.
Bemerkenswert bleiben aber folgende Dinge: die vielen Cameos von Promis (Simon, Goldblum, Walken u.v.a.) dramaturgisch die Hinwendung zum Publikum; auch Split Screen kommt vor. Da fällt der Held förmlich aus der Rolle. Und es ist auch schon mal ein Cartoon dabei.
Woody hat zwar als Gag-Schreiber angefangen. Hier übt er halt noch. Na ja, was lange währt… Und wenn er nur diesen Film gemacht hätte, würde niemand auch nur ein Wort über ihn verlieren.
 
 

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