Neruda

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Forumseintrag zu „Neruda“ von DanyBoy

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DanyBoy (12.09.2017 13:57) Bewertung
Poesie durch Film
Pablo Larrain dürfte, nach dem mehr als gelungenem Biopic über Jackie Kennedy, vielen Leuten ein Begriff sein. Das im selben Jahr erschienene weitere Biopic jedoch über Pablo Neruda jedoch blieb trauriger Weise unbekannt.

Neruda war ein chilenischer Politiker und Poet, der in einer hitzigen und bewegenden Rede im chilenischen Senat die Antikommunistischen Machenschaften des Präsidenten Gabriel González Videla verurteilte. Darauf folgte die Haftstrafe und die gezwungene Flucht Nerudas.
Er weigerte sich jedoch ein Leben lang als Flüchtling zu leben und provozierte, indem er in der sich in derÖffentlichkeit zeigte und für das Volk spürbar präsent war.
Larrain fokussiert sich in dem Film auf diesen Lebensabschnitt dieser Person.

Mit Eleganz, Schönheit und Kühnheit inszeniert Larrain die wichtigen Erreignis in einer surreal anmutenden Welt. Die Farben, der Bilder, haben einen leichten Hang in das pastellene und betten den Zuschauer in eine unwirkliche, schöne Ästhetik ein. Selbst in den dunkelsten Szenen gibt es ein helles Licht und überbelichtete Fenster oder Ähnliches sind hier ein konstantes Stilmittel.
Am meisten hat mich jedoch die ungewohnt und ohne Zweifel mutige Schnittführung beindruckt. Oft fehlt zwischen den Szenen ein zeitlicher und räumlicher Kontext, denn Larrain und sein Editor Hervé Schneid entschieden sich, in den Szenen selbst, die Raum und Zeit Kontinuität zu verletzten. Die 180° Regel existiert für Larrain nicht. Wie in einem Gedicht werden diese Schranken aufgehoben. Die Texte und Szenen verweisen auf sich selbst, spielen miteinander, werden Metaphern und Analogien für jede Strophe (Szene) und das ganze Gedicht (Film).

Neruda ist ein umwerfend schöner und ohne Frage poetischer Film, der nie überheblich oder arrogant wird. Am Ende des Filmes verspürt man eine gewisse unsicherheit, in bezug auf das Verständnis des Werkes aber auch ein Verlangen nach mehr. Ähnlich wie nach einem Gedicht.
 
 

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